Sivut kuvina
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Sie geh'n heraus. Ihr festliches Gewand,
Vom Mond beglånzt, stralt seinen stolzen Schimmer
Weit von sich aus, ambrosiasche Gerüche
Verrathen gleich die himmlische Erscheinung
Den Wächtern, die, vor ihrem Glanz erstarrend,
Sie für die Geister der Verstorbenen halten.
Sie fallen zitternd auf ihr Antliß hin,
Bis die Unsterblichen, durch sie hinwandelnd,
Dem langsam kühnen Blick entgangen sind.
Nunmehr kömmt Elim von der andern Seite,
Und führet sie, umschattet von der Nacht,
In ein verlaßnes Thal des Berges Khakan,
Wo die Gesundheit in den reinern Lüften,
Und auf den Kräuterreichen Hügeln wohnte.
Der Fürst, den er auf diesem Berg einst heilte,
Gab ihm die ganze Flur zum Eigenthum.

Kaum tritt der Tag aus seinen göldnen Pforten,
So eilen schon die Wächter, die Erscheinung
Dem Hofe kund zu thun, doch niemand war
Der dem Berichte glaubt; ihn hielt ein jeder
Für ein Gedicht, womit gemeiniglich,
Belohnt zu sein, dem Hof geschmeichelt wurde.

Indeß gelangt mit den geliebten Kindern
Der Weise glücklich in die Gegend Khakans.
Hier schloß die Einsamkeit sie von der Welt
In selige vergnügte Thäler ein.

Hier, Liebe, schenktest du dem besten Paar
In stiller Ruh, die Fülle deiner Wonne.
Abdallah, welch ein göttlich Glück war deines?
Die Weisheit, die einfältige Natur,

Ihr ganzer Schaß von Freuden gab sich dir!
Dir blüht Balsora, dir entwickelt sich
Ihr schöner Geist; ihr reines Herz,
Mit allem Reiz der anmuthsvollen Unschuld,
Mit aller Pracht der jugendlichen Schönheit,
Mit allen Himmeln voller Lust, ist dein.
So wie ihr euer heitres Leben lebiet,
So lebten in der Zeit der ersten Lenze,

Wieland.

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Wieland. Die Hirten, die auf Theokritens Fldte

Den Gratien, den aufmerksamen Nymphen

Mein Geßner singt. Ihr wart, was nicht zu sein
Auf ihrem Thron die Könige beseufzen,

Was alle wünschen, wenige nur kennen,
Und der nur fåhig ist, den die Natur

Sanft und gefühlvoll schuf, ihr waret glücklich
Und euers Glückes werth!

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Indeß starb der Tyrann. Der weise Sohn,
Der Völker Lust, Ibrahim folgt ihm nach;
Und, im Genuß der neuen göldnen Zeiten,
Vergaß das Land der vorʼgen Thrånen ganz.

Einst da Ibrahim auf der Jagd verirrte,
Kommt er in Khakans unbekannte Gegend.
Der Abend röthete die Gipfel schon,

Er folgt dem Fluß, der ihn durch frische Thåler,
Die rings umher wie. Paradiese blühten,
Zu einer Reih' von sichern Hütten führt.
Er eilt neugierig hin. Doch wie erstaunt,
Wie zittert er, da er am Mandelbaum
Balsoren, sanftgelehnt an ihren Freund,
In sittsamfreier Anmuth ruhen siehet?
Kaum wagt ers, dem entzückten Blick zu glauben,
Bis er zuleht des Bruders Stimm und Bildung,
Als wie erwacht aus einem Traum erkennt,
Und freudenvoll in seine Arme sinkt.

„So seh' ich euch, die ich so lang beweint,
Ihr zärtlichen Gespielen meiner Jugend!
Wird mir die größte Freude meines Lebens,
Abdallen in Baljoras Arm zu seh'n?

Welch ein Geschick, welch eine Gunst der Gottheit
Hat euch zurück in diese Welt geführt?"
Sie sagten ihm, was Elim ihm verschwiegen,
Die Lust des Wiedersehens zu vergrößern;
Den ganzen Labyrinth der Fügungen,
Durch die das Schicksal sie zum Ziel geleitet.
Das Angedenken der vergeßnen Schmerzen
Wird allen neu, und mischt sich in die Freude.

Schon

Wieland.

Schon hatt' Ibrahim, gern des Hofs vergessend,

Zween Tag in ihrer wohl vergnügten Einfalt
Das zårtliche geliebte Paar genossen,
Als er Abdallah, seines Herzens Hälfte,
Auch seines Reiches Hälft' aufdringen wollte.
Er bat, er überführte, doch umsonst.
Abdallah fand nichte neidenswerth an Kronen,
Und für Balsoren war kein Stand so schön,
Als niedre Freiheit an des Gatten Seiten.
Sie zeigten deni Caliphen von der Spiße
Des fruchtbarn Khakans, threr Thaler Glück.

Die ganze Flur war, eh wir sie bewohnten,
So sprachen sie, nur eine schöne Wildniß;
Sieh', welche Zierd ihr unser Fleiß gegeben!
Sieh, wie die Anger lachen, wie die Wiesent
Wollüftig sich mit weichen Kräutern decken,
Wie hier, von lüft'gen Cedern überschattet,
Der Öelbaum und die jugendliche Palme
In stolzen Ordnungen die Hügel krönen.
Hör das Geblök von ungezählten Heerden,
Sich durch die Thåler hundertfältig brechen.
Sieh, wie, den Hirten unschuldsvoll entfliehend,
Die Schäferinnen an den Bächen weiden.
Wie schön ist nicht die glückliche Natur
In ihrer stillen unbekannten Freiheit!
Wie sollten wir um das Geräusch des Hofes
Das Feld, der Ruhe Sih, der Weisheit Lauben,
Die Hütten, wo die Liebe wohnt, verwechseln?
Wie thōricht würden wir dem Land entflieh'n,
Der Sklaverei, den Schmeichlern, dem Geprånge
Die Ruh des bessern Lebens aufzuopfern?
Wie schlecht vertauschten wir um Sångerinnen
Den Waldgefang der freien Nachtigallen?
So sprachen sie in ihrem Glück gesättigt.
Voll stiller Wünsche kehrt der kluge Fürst
Aus ihrem Arm in seinen goldnen Kerker,
Und eilet jeden lang erseufzten Mai
Zurück in die Elysische Gefilde,
Bei seinen Freunden wieder aufzuleben.

Beisp. S. 1, B.

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Wieland. Sie fühlten beide lang ihr selig Leben,
Und sah'n die Ebenbilder ihrer Tugend,
In edeln Kindern lieblich um sich blüh'n.
Noch ist wünscht man in Khakans Gegenden,
Den Liebenden, sie recht beglückt zu wünschen,
Seid glücklich wie Abdallah und Balfora.

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2) Erzählungen muntrer und komischer Gattung.

Chaucer.

(Gottfried Chaucer, der berühmteste unter den ersten englischen Dichtern, und Vater der bessern Poesie dieser Nas tion, lebre von 1328 bis 1400. In seinen Canterbury-Tales, die der unlängst verstorbne treffliche Kunstrichter Tyrwhitt am besten herausgegeben hat,, herrscht ungemein viel einfas cher, naifer und einnehmender Erzählungston, und sehr viel treffende Sittenschilderung, verbunden mit fast unerschöpflic chem Reichthum an Ideen und Wendungen. Ihre Benens nung bezieht sich auf die Dichtung, daß sie von einer Gesells schaft Pilgrimme erzählt werden, die nach Canterbury gez wallfahrtet sind. Folgende Erzählung von einem Mönch habe ich daraus nicht ihrer Vorzüglichkeit, sondern ihrer Kürze wegen, gewählt: denn sonst håtten The Knight's und The Squier's Tale unstreitig den Vorzug verdient. Wer übris gens der englischen Sprache kundig ist, wird auch, hoff' ich, dieß Altenglische vermittelst der beigesezten Erläuterungen, und der noch nähern Verwandschaft mit dem Deutschen, leicht verstehen.)

THE FRERES 1) TALE.

Whilom ther was dwelling in my contree
An archedeken, a man of high degree,
That boldely did execution

In punishing of fornication,

Of whitchecraft, and eke of bauderie,
Of defamation and avouterie, 2)

Of chirche-reves, 3) and of teftaments,
Of contracts, and of lack of facraments,

1) Friar's. 2) adultery. 3) revenuès.

Chaucer.

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