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Des danket er dem Boten wohl.

Gar lieb war ihm dieß Gesandt. 4)

Zu den Seinen sprach er zuhand: 5)
Wem mag ich getraueń wohl,
Der mir der Birn håten soll?
Würde mir der Birn eine verlorn,
Das war mir nit ein kleiner Zorn. 6)
Zu dem Jünglinge sprach er do:
Mich dúnkt, du seyst zu dünn 7) dazu.
Der Birn ich dir getrauen soll?
Ein bessern Hüter find' ich wohl.
Ich fürcht, gåb' ich dir den Gewalt,
Sie würden geffen ungezahlt. 8)
Ich will mit nichten der Birne dir
Getrauen, das gelaube mir!

Diese Rede hört ein weiser Mann.
Mit Ernst sah er den Bischof an.
Er sprach: nun erbarm es Gott,
Daß Ihr begangen habt den Spott, 9)
Daß Ihr befohlen habt mancherhand
Dem, der Euch was bekannt,

Sein Rindheit und sein Jugend,
Davon Ihr immer muget
Ungemach haben und Leid.

Dem Ihr die Birnen habt verseit, 10)

Der foll der Seele Pfleger wesen? 11)

Wie mag denn genesen

Das Schaf, so der Wolf zum Hirten wird

Und auf der Straße wird verirrt?

wo der Blinde führen soll

Den Blinden, fallen sie beide wohl

Die Schafe gar verirret sind,

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4) dieß zugesandte Geschenk. s) sogleich. 6) kein kleiner Verdruß. 7) zu unzuverläßig. 8) ungezählt. 9) das kchimpfliche Vergehen. 10) versagt. 11) seyn.

Boner.

Boner. Wenn zu einem Hirten wird ein Kind.
Wie berichtet 12) der einen Mann,

Der sich selber nicht berichten kann?
Wie mag der gespeisen wohl,
Der da immer wird voll,

Und lebt in steter Geitigkeit? 13)
Zu scheeren sind alle bereit.

Speiften sie die Schaf also gern, 14)
Als wohl sie die Schaf können scheern:
Die Schaf stunden dester baß. 15)
Fiun geht ihr arger List auf das, 16)
wie die Schaf werden geschoren.
Ob die Seele wird verloren,

Darauf haben sie verforget gar. 17)
Sie achten nit wie ihr Seel gefahr.
Der weise Bischof der befahl

Dem Jungen der Seelen ohne Zahl,

Und wollt ihm befehlen nicht

Die Birnen! Das noch oft geschicht,

Daß der Seelen húten soll,

Dem man über ein Birn nit getrauet wohl.

12) weist der Jemand zurechte.

13) Geiz, Habsucht.

14) eben so gern. 15) desto besser. 16) ihr seid sehr vorsichtig darüber. 17) tragen fie gar keine Sorge.

Bur

Burkard Waldis.

(Ein Geistlicher um die Mitte des sechszehnten Jahr: hunderts, der vierhundert, zum Theil dsöpische, zum Theil neue, größtentheils aber von andern entlehnte, Fabeln, in vier Büchern schrieb. Man sehe darüber des Hrn. von Gemmingen Abhandlung in seinen poetischen und prosais schen Stücken, S. 82. einen Auffag von mir, in den Ham: burgischen Unterhaltungen, B. IV. S. 933. und des seligen Zacharia vorläufige Anmerkungen zu seinen Fabeln in Burs kard Waldis Manier, bei deren von mir besorgten zweiten Auflage eine, auch besonders ausgegebene, Auswahl von 35 Fabeln diefes alten, immer noch sehr merkwürdigen Dichters befindlich ist. Die hier von ihm gelieferte Probe verglei che man mit der bekannten Gellertischen Fabel gleichen In halts.)

Bom lugenhafften Jüngling

Sich zu versuchen ein junger Knab

weit hin in fremde Land' begab, Daß er viel sähe, hört' mancherlei,

War aus ungefähr ein Jahr, zwei, drei;

Als er nun wieder heim hin kam,

Sem Vater ihn einst mit sich nahm,
Daß er Gesellschaft hått und Kurzweil, 1)
Zu einer Stadt über zwei Meil.

Da schwagten sie von mancherhanden; 2)
Der Vater fragt, was er in Landen
Von Wunder gsehn und seltfam Thier.
Er sprach, Vater, nun glaubet mir,
Am. Meer zu Lissabon im Sund

Sah ich so gar ein großen Hund,
Der ward geschätzt viel Tausend werth;
Und war viel größer denn ein Pferd.

1) Zeitvertreib. 2) von allerlei.

Der

Burkard
Waldis.

Burkard

Der Vater b'gunt 3) die Lügen merken;

Waldis. → Sprach, hab bei allen geschaffnen Werken

Deßgleich nicht gsehn, gehört, noch gelesen;

Es ist ein großer Hund gewesen.

Doch findt man gar viel feltsam Stücken.
Gleich wie da vor uns ist ein' Brücken,
Wer des Tags hat ein' Lüg' gelogen,
und kommt daselbst hinüber gezogen,
Sey felbander oder allein,

Niitten auf der Brücke bricht ein Bein.
Der Knab' erschrak, wollt' doch nicht gern
Ein Lügner seyn, der Ehr' entbehrn.
Begab sich über ein' ebne Weil,

Sprach: Vater, wollet nicht so eil'n;
Sagt mir auch etwan seltsam Schwänk'?
Er sprach, des hund's ich noch gedenk,
Der ist gewefen ohne nios. 4)

Er sprach, er war nicht also groß;
Wenn ich die Wahrheit sagen soll,

Wie sonst ein Esel war er wohl.

Da b'gunten sie der Brücke nahen.

Er sprach, ich kann mich nicht entschlahen 5)
Der G'danken dieses Hundes halb;

Sprach, er war wie ein jährig Ralb.

Sie giengen fort bis um Mittag,

Und daß die Brúď da vor ihn’n lag.

Der Knab' sprach, wollt Euch nicht bekümmern ;
Ich kann Euch zwar verhalten immer
Den Schwank, den ich Euch vom Hunde sagt,
Damit Ihr mich nicht weiter fragt:

Er war gleich wie ein andrer hund;

Denn 6) daß er um und um war bunt

Und

3) fieng an. 4) ohne Maaß. 5) nicht erwehren. 6)

Auser, daß.

Und scheckicht über seinen Rücken.

Er sprach, so ist euch diese Brücken

Gar nicht schädlicher denn die andern;

Magst wohl unb'schädigt drüber wandern. Allein hút dich ein andermal;

Wenn du willt lügen, b'denk dich wohl, Daß du also gar krumb nicht draißt, 7) Daß du es auch zu fidern 8) weißt.

Wer sich aufs Singen soll begeben,
Der muß nicht allzu hoch anheben,
Daß ers auch kann zum End' ausschreien.
Also, wem's Lügen will gedeihen,
Der muß nicht nauf in d' Wolken treiben,
hienieden bei der Erden bleiben.

Sonst gehts ihm wie dem Edelmann,
Der nahm sich großer Lügen an,

Zeugt 9) mit sein Knecht, der bei ihm war,
Ders ihm verjahet 10) ganz und gar,
Damit der Junker blieb bei Ehren.

Als er nun that die Lüg' vermehren,

Und log von Lüften und den Winden,

Drauf konnt' der Knecht kein' Antwort finden,
Und sprach zum Junker: Nicht also!
Wollt Ihr Lurs Lügens werden froh,
So bleibt hienieden bei der Erden,
Auf daß Luch mög' geholfen werden.
Denn wenn Ihrs allzu grob wollt spinnen,
Werd't Ihrs zuletzt nicht fedmen 11) können.

7) dreheft. 8) zu verantworten. 9) rief ihn zum Zeugen.
10) bekräftigt. 11) einfädeln.

Burkard
Waldis

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