Sivut kuvina
PDF
ePub

dem einseitigen Urtheile seiner Empfindung dem Urtheile fremder, und vielleicht geübterer, Empfindung vorgreifen und gebieten zu wollen.

Mir selbst hatte ich bei den Vorlesungen über meinen Entwurf, schon lange vor dem Abs drucke desselben, diejenigen Stellen ausgezeichnet, die ich, so weit es die Zeit erlaubte, meinen Zus hörern vorlas und kommentirte, oder worauf ich fie wenigstens verwies, wenn es an Zeit zum Vorlesen und Erläutern gebrach. Und hiebet hatt' ich es auch fernerhin bewenden lassen, wenn nicht das immer lebhaftère Gefühl eines eintretenden zwiefachen Bedürfnisses meinen Entschluß anders, und für die Veranstaltung der gegenwärtigen Beispielsammlung, bestimmt håtte.

Theils sah ich ein, daß unter den Lehrern, deren so manche mein Handbuch der Einführung bei ihrem Unterricht in der schönen Literatur würdigten, ihrer viele, und bei weitem wohl die meis sten, sein würden, denen der ganze, so zahlreis che Vorrath der angeführten Schriften nicht zur Hand wäre, und die sich daher nur auf die vors

nehm

nehmsten und gangbarsten unter denselben wür
den einschränken, in Ansehung vieler übrigen
aber es bei einer bloßen Notiz und Nomenklatur
würden bewenden lassen müssen.
Noch mehr

aber mußte ich befürchten, daß dieser Mangel,
und die daraus entstehende Verlegenheit bei den
Zuhörern, selbst bei meinen eignen, allzu oft der
Fall werde; und daß ich den Lehrbegierigern una
ter den letztern nicht immer durch Mittheilung
der Bücher selbst, oft und allgemein genug,
werde zu Hülfe kommen können,

Beiden Bedürfnissen, wenigstens großentheils, abzuhelfen, schien mir daher eine solche Sammlung, wie ich sie jetzt zu liefern den Ans fang mache, das beste und leichteste Mittel zu sein. Ich gehe darin der Ordnung und Folge jener kurzen Anführungen in der Literatur meines Ent wurfes beständig nach; und glaube nun durch diese Reihe von Beispielen und ausgehobenen Mustern sowohl Lehrer als Lernende in Stand zu sehen, den Unterricht in den schönen Wissenschaften, bei welchem die Beispiele eben so nothwendig, und zur Bildung des Geschmacks eben so behülflich, oder vielmehr, noch weit nothwen, diger,

3

1

diger, noch weit behülflicher sind, ́als bloße Theorie und Regeln, desto vollständiger und fruchtbarer zu ertheilen und zu genießen. Beide erhalten durch diese Sammlung, in wenigen Bånden, eine Handbibliothek der schönen Literatur, und werden dadurch mit einer Menge von Schriftstellern bekannt gemacht, deren Werke ihnen bisher noch fremd waren, und ih nen vielleicht niemals, oder doch erst spåt, oder wenigstens nicht ohne viele Mühe und Kosten, in die Hånde gekommen wåren,

So sehr mich indeß alle diese Betrachtungen von der Schicklichkeit und Nußbarkeit dieses von mir gewählten Hülfsmittels überzeugen; und so wenig ich diese nach einem ganz neuen und vieta befassenden Plan geordnete Sammlung wegen der schon vorhandnen Menge von Chrestomathien und Blumentesen für überflüssig und entbehrlich halten kann: so sehe ich doch auch das Schwieria ge und Mangelhafte, welches dabei immer noch zurück bleibt, vollkommen ein. Es ist nur alla zu wahr, daß auch diese Arbeit, wie leider! ala les menschliche Wissen, nur Stückwerk ist, und sein kann; daß einzelne Proben, und vola

lends

feds ausgehobene einzelne Theile, das Ganze und die vollen, oft so mannichfaltigen, Erweis sungen eines schriftstellerischen Charakters nur sehr unvollkommen, und oft allzu einseitig, ans. deuten und kennen lehren; daß dieß auch bei Ges nies vom zweiten Range, und oft bei diesen noch mehr der Fall sei, und daß sich allenfalls nur bloß ein Lome aus seiner Klaue, und ein Herkules aus seinem Torso erkennen und beurtheilen läßt, Aber diese Sammlung soll auch dem Liebhaber der schönen Literatur mehr nur zum Vorschmack, als zur völligen Sättigung und Befriedigung dienen; soll ihn zur nähern, vertrautern, mehr seitigen Bekanntschaft mit denen Schriftstellern reizen und aufmuntern, die hier, in diesen Pros ben, seine Aufmerksamkeit und seinen Beifall am meisten gewinnen.

Eine zweite Schwierigkeit empfand ich wåly rend der Auswahl der hier gelieferten Beispiele so lebhaft, daß sie mehr als einmal den Vorsatz ihs rer Bekanntmachung in mir wankend machte. Unter den Werken vortrefflicher Schriftsteller bos ten sich mir so manche Schönheiten, so manche emzelne Stücke oder Stellen dar, die alle, und

jebe in verschiedner Rücksicht, und oft alle gleich dringend, auf meine Wahl Anspruch machten. Und doch befand ich mich dabei schon von solch einer Menge einzelnerSkribenten umringt, daß ich in den meisten Fällen von jedem nur Eine, und nur eis ne kurze Probe ausheben durfte, wenn ich diese Sammlung nicht allzu weitläuftig machen wolls te, die doch schon bånderreicher zu werden droht, Keine als ich anfänglich dachte und wünschte. Erinnerungen der Kunstrichter werden mir daher auch weniger unerwartet sein, als diejenis gen, welche meine Auswahl betreffen werden; und ich sehe es als unvermeidlich voraus, daß die Stimme jedes einzelnen Kenners hier ganz vers schieden, und zuweilen wider mich, ausfallen, baß sie manches, was ich wählte, weggelassen, und manches, was ich wegließ, gewählt zu sehen wünschen wird. Hier also, wo nie allgemeine Genüge zu erwarten steht, will ich mich gern bei der Befriedigung der Mehresten beruhigen.

Vielleicht vermißt man einen Kommentar Süber die hier gelieferten Beispiele, und kurze, auf die einzelnen Schönheiten und Eigenthümlichkeiten derselben hinweisende Anmerkungen.

« EdellinenJatka »