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des Anschens bei ihm schwächer wurde, sein eigner Verstand mehr zur Reife gelangte: da die Pflicht eines Lehrers · ·hn zu eigenem Durchdenken der Wahrheiten auffoderte, machte er sich je långer je mehr von den Fesseln des Systems los, und drang in das Heiligthum der Religion mit freis erem Geiste *).

* Ungern habe ich mich auf diese wenigen deutschen Beispiele eingeschränkt; wir haben ihrer manche andre, die den anges führten an Werth wo nicht gleichen, doch nicht weit nachstehen. Auch der Nekrolog von Hrn. Schlichtegroll enthält einige mußterhafte Lebensbeschreibungen, z. B. die von Basedow und Bahrdt.

Romas

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Wahre Begebenheiten mit willkührlicher Dichtung zu

durchweben, und die wirklichen Umstände derselben mit möglichen aufzuschmücken, sie aus übernatürlichen und wundervollen Einflüssen herzuleiten, und menschlichen Un ternehmungen dadurch ein übermenschliches Ansehen zu ges ben, scheint schon der frühesten Mittheilungsart der Ges schichte eigen gewesen zu seyn. Die in den Vorstellungen sos wohl, als im Ausdrucke und Vortrage derselben so überwies gend herrschende Sinnlichkeit gab dazu unvermeidlichen Ani laß. Nicht immer war es Vorsak, noch Absicht, die Ber gebenheiten zu entstellen, die Wahrheit zu verfälschen, oder den Ruhm der Personen und ihrer Handlungen zu erhöhen, welche diesen Zusaß des Erdichteten verursachte. Es tam dazu, daß alle ursprüngliche Geschichtserzählung mündliche Mittheilung und Ueberlieferung war. Was noch jest bei dieser so sehr der Fall ist, musste es damals noch weit mehr und öfter seyn. Jeder Wiedererzähler eines Borfalls bildete denselben unwillkührlich, während seiner Erzählung, nach feiner Vorstellungsart um, nach den ihm geläufigen Verknüp fungen der Begriffe, nach den Wahrscheinlichkeiten, die sich seiner Phantasie darboten, wenn er Anlässe, Ursachen, Umstände und Folgen einer Begebenheit nicht genau wusste, wenn er sie nicht selbst of oder beobachtet, wenn er den ersten Bericht von ihr nicht aufmerksam und ausführlich ges Aug gefasst hatte. Schon daraus ist es zu erklären, daß die

früher

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frühesten historischen Nachrichten poetisch waren, und werden mussten, und daß die Sage, die erste Quelle aller Geschichte, so viel unbewährtes und Erdichtetes enthielt. Wenn sich nun vollends die Grundfäden dieses Gewebes immer verwis ckelter in einander wirrten, und man bei ihrer Trennung und Ausfonderung fein Interesse, sondern eher noch bei ihrer größern Verwirrung und Verschlingung seine Rechnung fand; wenn der Erzähler dadurch mehr Aufmerksamkeit und Bes wunderung erregte, und der Hörer sich dadurch mehr angezos gen und betroffen fand: so begreift man leicht, wie der Nas türhang zur Verfinnlichung und darin gegründeter Dichtung gar bald in Fertigkeit und Vorliebe zu Darstellungen dieser Art übergieng, wie Geschichte ursprünglich gemeine Sage, dus Wahrem und Falschen gemischt war, und wie die Sorge für Absonderung und ungemischte Aufbehaltung des erstern nicht die Erzähler der ersten Zeiten, wohl aber die Geschichtt forscher und historischen Kunstrichter der spåtern Jahrhunderte beschäftigen konnte.

Die Frage vom eigentlichen Ursprunge der Nos mane ist, wie bekannt, oft aufgeworfen, und dieser Urs sprung oft untersucht worden. Daß die Beantwortungen so verschieden ausfielen, daß man bald die frühesten Morgens länder, und besonders die Syrer, bald die Griechen, bald die spåtern Sophisten derselben, bald die Araber nach ihrer Einwanderung in Spanien und andre Länder Europens, bal die Kreuzfahrer, bald die Mönche, bald die Provenzals dichter, u. s. f. als die ersten Urheber dieser Gattung von Erzählungen ausgab, war eine natürliche Folge von der Vers schiedenheit des mit dem Worte Roman verbundenen Bes griffs. Denkt man sich dabei bloß eine aus Wahrheit und Dichtung zusammengeseßte Erzählung, so geht sein Ursprung, der obigen Bemerkung zufolge, in die frühesten Zeiten hins ́auf, so darf man behaupten, daß die ersten mündlichen Ers zahlungen von irgend einigem Umfange Romane, oder wes nigstens romanhaftTM wären. Nimmt man aber noch die

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Scheidung von erzählenden Gedichten und vom metrischen Vortrage, vom Gebrauch des Wunderbaren, und vom Schriftstellerischen, hinzu; so fallen freilich diese Bestims mungen erst in ein spåteres Zeitalter. Denkt man ferner daran, daß die Rittererzählungen, metrisch und prosaisch vorgetragen, die ersten Werke waren, die, wegen der soger nannten romanischen Sprache, worin man sie schrieb, den Namen Romane oder Romanzi erhielten, und daß die allmähliche Erweiterung und Abåndrung ihres Stofs sowohl als ihrer Behandlungsart die mancherlei Gattungen der Ros mane, die wir jetzt haben, hervorgebracht hat; so hat man Recht, wenn man sie aus dem Mittelalter herleitet. Am Ende aber wird man finden, daß sich die Eine Herleis tung mit der andern, die spåtere mit der frühern, gar wohl verbinden lässt, und daß alle die zahlreichen Werke dies ser Art sämmtlich Erzeugnisse jenes dichtrischen Naturhanges der Menschen sind, der sich nur zu verschiednen Zeiten und bei verschiednen Völkern auf eine verschiedne, jeder Zeit und Nation angemessene, Art befriedigte. Eben dieß gilt auch von dem theoretischen Gesichtspunkt, aus welchem man den Roman betrachten sollte. Mit der Poesie war er von jeher innig verwandt; oft indeß ferner, oft nåher; anfänglich war er lauter Poefte; und damals fanden die feinern Gränzlinien noch nicht Statt, welche die neuern Kunstrichter zwischen dem Roman und dem Heldengedichte gezogen haben. Ganz ans ders, erscheint er uns in der jeßt gewöhnlichern Form, wo er Lebens und Sittengemålde geworden ist, von jener åltern Form so verschieden, wie es das Lustspiel der Neuern von der Komödie der frühern Griechen ist.

Wer jetzt eine, sehr zu wünschende, Bibliothek oder volls

ständige Literatur der Romane schreiben wollte, der würde. vielleicht sehr verlegen über den eigentlichen Punkt seyn, von welchem er ausgehen, und über das Mehr oder Weniger, was er, vornehmlich aus den åltern Zeiten, in sein Verzeichs niß aufnehmen, oder daraus weglassen müsse. Gordon

de Percel, oder Fresnoy scheint indeß hierüber nicht lange verlegen gewesen zu seyn; er macht gleich mit den pros saischen Dichtungen der Griechen den Anfang, obgleich diese gewiß wohl eben so unzähliche Borgånger haben mochten, als fie bisher Nachfolger hatten. Hier, wo nicht Vollständigkeit Der Literatur, sondern nur kurze Würdigung der bekanntesten und besten Schriftsteller dieser Art unser Zweck ist, bleiben wir gleichfalls an dieser Grånje stehen.

II.

Griechen.

Lucian.

6. B. VI. S. 123. Einige Werke dieses wißigen und phantasiereichen Kopfes find das Einzige, was uns aus dem wirklich klassischen Zeitalter an romanhafter Dichtung, in Prose vorgetragen, noch übrig ist. Daß es ehedem an mehrern dergleichen nicht fehlte, sieht man schon aus dem, was bei den Alten von den milesischen Fabeln und iha ren Verfassern erwähnt wird. Von jenen wissen wir indeß nur im Allgemeinen, daß fie verliebten und oft bis zur auss fersten Anzüglichkeit muthwilligen Inhalts waren; und von Diesen war Aristides aus Milet der berühmteste; wir has ben indeß seine Erzählungen weder in der Urschrift mehr, noch in der von einem römischen Geschichtschreiber Sienna verfertigten lateinischen Uebersetzung. Sehr wahrscheinlich aber ist die Manier dieser Fabeln noch in einigen Werken Lucian's zu erkennen, bei denen er jedoch auch andre Vors gånger hatte, &. B. den Antonius Diogenes, von dessen Liebesgeschichte und Reisen des Dinias und der Ders cyllis man einen Auszug beim Photius findet. Auch ein gewiffer Lucius von Patras gehört in diese Klaffe von Schriftstellern, obgleich, wie es scheint, nicht zu den glücks listen. Seine Verwandlungen der Thiere in Menschen,

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