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in der That vermehrt finden; und ein gewisser Grad von Neuheit ist also eine nothwendige vorläufige Bedingung aller Lebhaftigkeit. Ein ganz durchdachter und erschöpfter Begriff ist wie eine Frucht deren innern Kern man verzehrt hat, und von der nun weiter nichts übrig ist als 'die Schale. Wer unsern Geschmack reizen und unsern Hunger stillen will, muss uns neue Früchte, nicht diese leeren Schalen bieten, die wir mit Verachtung wegwerfen würden.

Das Wichtigste zur Bewirkung der Lebhaftigkeit bleibt immer das: dass man den betrachteten Gegenstand in Verbindung mit den Neigungen des menschlichen Herzens bringe; dass man ihn nicht bloss, als von der und der absoluten Beschaffenheit, sondern vorzüglich auch, als von der und der Beziehung auf menschliches Glück oder Engels Schriften XI.

II

Elend, Vergnügen oder Mifsvergnügen, zeige. Es ist unmöglich, durch irgend ein anderes Mittel eine Vorstellung so sehr an innerm Gehalt zu erhöhn, als durch dieses. Der Lehrdichter besonders lasse uns nicht blofs die Wahrheit, er lasse sie uns in der Seele die sie denkt, erkennen: damit wir die Empfindungen und Bewegungen derselben, wenn wir sie wahr und gegründet finden, zu unsern eigenen ma

chen.

Wem es mifslich scheint, eine Theorie auf die Entwickelung eines einzigen Beispiels zu gründen, der sehe hier noch eine andere sehr vorzügliche Stelle aus einem der trefflichsten Lehrdichter, und untersuche nun selbst, durch was für Mittel die Gedanken poetisch geworden sind. Er wird finden, dafs es überall auf den Reichthum der Vorstellungen, und beson

ders auf Sprache des Herzens, auf Ton der Empfindung ankömmt.

,,Sie *) zwingt was edler ist, als Kitzelung

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„Die Parce, die nicht will, den Faden auszu

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,, Giebt den der Braut zurück, um den ihr Auge

weint,

,,Der Mutter ihren Sohn, dem Freunde seinen Freund.

**) Die Vernunft nehmlich; von der die Frage ist: ob sie für den Menschen mehr Gutes oder Böses gestiftet? Im Vorhergehenden war von dem Mifsbrauche derselben zur Erfindung üppiger Wollüste die Rede.

"

Wie grofs ist nicht die Kunst, die Seuchen

zu verbannen,

,, Und in der Lebensuhr die Federn aufzu

spannen!"

Ja, edel, herrlich, grofs! und wenn es dir

gefällt,

Die beste Wissenschaft in einer kranken Welt, Der ihren Zauberkelch die neuen Lüste reichen, Die Brut der Üppigkeit und Eltern aller Seuchen!

Schuf diese die Natur? Versteckte sie den Tod In das was Nothdurft war, in Wasser oder Brot?

Fliefst mit des Rindes Milch Gift in die irdne

Schale,

Wie er aus Trauben strömt in goldene Pokale? Die Krankheit, weit entfernt von armer Nüch

ternheit,

Besuchet nur den Tisch der blassen Üppigkeit, Auf welchen die Natur von allen ihren Schätzen Zuletzt gezwungen wird die giftigsten zu setzen; Gezwungen durch Vernunft! Sie, die uns warnen soll,

Erstaunlich die Vernunft reicht uns den Giftkelch voll,

Sie gab uns Überfluss und Krankheit zum Ge

schenke;

Wie billig ist es nicht, dafs sie auf Heilung

denke?

Noch rühmt sie sich der Kunst? Ein böser

Charlatan

Macht erst Gesunde krank, damit er heilen kann! Viel weiser hätte sie gelehrt, den Arzt entbehren, Den, der itzt sichrer prafst, gelehrt, nicht zu begehren;

Gelehrt, dass Hunger nur die Speisen würzen mufs,

Der Hunger, befsrer Koch, als Roms Apicius! Gelehrt, Genügsamkeit sei reich bei Brot und Wasser,

Und eine ganze Welt zu arm für einen Prasser; Der Arzt, den die Natur mit eigner Hand geweiht,

Der unbetrüglichste, sei unsre Mässigkeit.
So lebt das Vieh gesund. Und mögt' er sich

nicht schämen,

Der königliche Mensch, Vernunft vom Vieh zu

nehmen!

Zu lernen, dass sie nur je mehr den Zweck er

reicht,

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