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deutlicher abstechende Bilder, die weniger Verwirrung und Mifsdeutung erlauben.

Fünftens: Muls es immer nur Einé Wahrheit seyn, die der Dichter lehrt, und nur Ein Beispiel, wodurch er sie lehrt? Wir finden Fabeln, worin zwei Beispiele aufgestellt werden, die aber beide nur auf Eine Wahrheit führen. Diese heifsen, zum Unterschiede von den einfachen, zusammengesetzte Fabeln. Der Dichter hat uns, wie dort Nathan den David, durch den erdichteten Fall schon zur Überzeugung gebracht, ehe er den wirklichen dagegen hält, bei dem uns vielleicht Leidenschaft und Interesse nicht so leicht zur Überzeugung hätten kommen lassen. Oder er will auch die Moral nicht so ganz trocken hinschreiben, und macht also zu dem Bilde ein Gegenbild, welches die nähere Anwendung auf den Menschen enthält.

Die Krähe.

Als eine Kräh' einst ihr Gefieder

Mit Pfauenfedern ausgeschmückt,

Besah sie sich, von sich entzückt,

Und hiefs die Pfauen ihre Brüder,

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Und mischte stolz in ihre Schaar sich ein,
Und glaubte schon der Juno Pfau zu seyn.
Die Pfauen sahen dies, beraubten ihr Gefieder
Des Schmucks, den sie geborgt, und mit ihm
aller Pracht.

Der kaum gewordne Pfau ward eine Krähe wieder,
Und selbst von Schwalben ausgelacht.

Als einst ein Reimer seine Lieder
Mit fremder Kühnheit ausgeschmückt,
Besang er sich, von sich entzückt,
Und hiefs die Dichter seine Brüder;

Er drängte stolz in ihre Zunft sich ein,
Und dünkte sich ein Haller schon zu seyn.
Die Dichter sahen dies, beraubten seine Lieder
Des Witzes, den er stahl. Wo war nun seine
Pracht?

Der neue Haller ward ein seichter Reimer wieder,
Und selbst von Dunsen ausgelacht.

J. AD. SCHLEGEL,

So lassen sich auch unter den Fabeln,,in Burcard Waldis Manier" die beiden El

stern und der alte Spanier als Eine Fabel betrachten; denn die letztere ist nur die Anwendung der erstern.

Was die Wahrheit betrifft, so giebt es wohl wenig Fabeln, bei welchen man nicht, während der Erzählung, zu mehr als einer Betrachtung einen Übergang fände, und weitschweifige Erzähler pflegen dergleichen auch gern nebenher anzubringen. Aber aus der ganzen Fabel muss sich denn doch zunächst nur Eine Wahrheit ergeben, oder die Fabel ist unausbleiblich schlecht. Man sieht dies an einigen Stücken beim Holberg. Unmöglich kann auch ein Beispiel, das zu einer ganzen Menge Wahrheiten gleich gut passt, zu irgend einer vollkommen passen.

Wenn wir nun die wesentlichen Merk

maale, sowie wir sie hier näher bestimmt haben, von den zufälligen absondern; was bleibt uns da zur Erklärung der Fabel übrig? Nur Folgendes: Eine: moralische Wahrheit, und ein als wirkliches Factum gegebenes Beispiel zu dieser Wahrheit. Die Wahrheit, sehen wir, ist der Zweck, die Seele der Fabel. Auf die Geschichte, als Geschichte, kömmts dem Dichter nicht an, sondern bloss als auf Beispiel, als auf poetisches Mittel, die Erkenntnifs der Wahr heit anschauend zu machen. Daher bricht er denn auch die Erzählung ab, wenn sie gleich an sich selbst noch nicht geendigt ist, sobald er sich bei der abgezweckten Wahrheit befindet. Ohne Zweifel ist also die Fabel ein didaktisches Gedicht: die Wahrheit ist die eigentliche/Materie, die der Dichter behandelt; er verbindet sie nur mit einer andern Gattung von Ma

terie, die er als Form gebraucht, in welcher er jene vorträgt. Wenn wir Acht

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geben, so werden wir vielleicht der Beispiele von solchen Mischungen der verschiedenen Dichtungsarten noch mehrere finden.

Mit den hier gegebenen Begriffen beurtheile man nun folgende Stücke, ob es wahre Fabeln sind oder nicht?

Momus und Asträa.

Dort, als des Titus Königsstab

Das Glück der goldnen Zeit den Römern wiedergab,

Sprach Momus höhnisch zu Asträen :

Du trägst dein Schwert wohl nur zur Pracht? Der Kaiser läfst dich müssig stehen;"

Er herrscht mit Gnade, nicht mit Macht,

Thor! rief die Göttinn aus, der du nicht

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