Die Muse her! Von meinen Brüdern Dem Herrlichsten muß ich erwiedern Das schöne Briefchen! Briefe sind Der Freundschaft, was dem Amor Pfeile! Sie gehn ins Herz, und stecken fest; Und billig müsst' ein Wespennest Der Sünder tragen eine Meile, Der Briefe sonder Antwort lässt!
,,Wir sterben, und kein Aug' ist naß!" Freund welche Stell' in deinem Briefe! O Lieber! Lieber, was ist das? Ich fühlt es in der tiefsten Tiefe Des Herzens!...
Du Vater, du! im höhern Sinn, Bist du das långst, als ich es bin, Und werde seyn, wenn anders Wise Noch Wort der Muttergöttin hålt! Ringsum in deinen Paradiese, (Ein Paradies ist deine Welt,
Denn jene Masquen ausgenommen, Die nicht in unsre Rechnung kommen, Meint Alles dich auf deiner Welt!) Rings um, wo deines Liedes Schöne Das Herz zur Fröhlichkeit erhellt, Sind alle Töchter, alle Söhne, In deren Herzen immerhin
Du Tugend sangst und frohen Sinn, Sind alle deine lieben Kinder! Und sind die übrigen es minder, Die Wittwen und die Waisen, die Des langen Lebens bittre Müh Verfüfft von deinen Hånden fanden? In allen Stånden, allen Landen Hast du dergleichen Kinder noch! Auf wenig Menschenlisten standen Die Thaten deines Herzens; doch Da droben, edler Mann, wird das Weit richtiger zu Buch getragen!
Schmidt. Und dennoch darfst du traurig sagen, „Wir sterben und kein Aug' ist naß!"
Naß werden aller Augen seyn, Wirst du dereinst von hinnen gehn; Naß aller Herzen, welche rein Durch deine Lieder sind geworden, Und mehr, als Ritter ihrer Orden, Sich deiner hohen Lieder freun! Mit ausgelöschter Fackel stehn Wird Amor, den du hast gelehrt Auf Tugend, nicht auf Schönheit sehn ! Das schönste Mädchen, wenn es hört Von seines Dichters leßten Tagen, Wird lange seinen Arm versagen Dem treuen Arm des Liebenden, In dir, o Vater, zu beklagen Den Lehrer seiner Tugenden!..
Doch lange, lange noch verspäte Der Engel, der zu Lessing dich Wird einst hinüber bringen, sich! Die junge, grüne Rasenståtte, Versteckt in deinem Gartenthal, Die du mit deinem Staub einmal Zum Hügel machen wirst... noch lange... Sie bleibe dir noch lange Thal, Und dufte wenn bei Mondesstral, Zu süßen Nachtigallgesange Du deinen singst, Entzücken aus! O Lieber! Alles was sich deiner Im Herzen freut, verbrüdert sich Zu treuen Wünschen, fodert dich Zu tausend Bettstreit noch heraus Mit tauseno Nachtigallen; keiner Von allen, liebender, als ich!
Du weisst, mein kleines Dichterhaus Das immer, fern von großen Sachen, Zufriedenheit und Scherz bewachen, Möcht' ich so gern zum Tempel machen,
Worinn die Wahrheit wird gepreist; Und hat mein Enkel irgend Geist Ein Bild der Wahrheit aufzufassen, Noch meinen Enkel danken lassen Möcht ich dem lieben Heftigen,
Der herzlich schnell, nicht aus Grimassen, Mein Vater ward, den Grazien Mich opfern hieß und der Natur, Und zeitig schon den großen Schwur Mich ließ beschwören: stehn zu lassen Von hundert Versen zwanzig nur!
Von hundert Versen zwanzig? Ha! Damit ich meinen Schwur nicht breche, Hier: Soli Deo Gloria! *) Klein, aber reissend sind die Bäche, Woraus, von Fürsten ungedingt, Die kleine Briefesmuse trinkt! Sie treten oft ein wenig über; Und gehts vom Herzen, o mein Lieber, So springt das Wort Gedanken vor! So eben raunt mir was ins Ohr: Ich hatte schon den Schwur gebrochen! Drum, lieber Vater, gute Nacht! Laß unter uns es seyn gesprochen, Was andern große Nasen macht!
*) Oder was eben so viel sagt: „Hier Ende!“ denn mit Soli Deo Gloria, pflegten, in den åltern Zeiten, einige Schriftsteller ihre Werke zu beschließen.
Auch diesem Dichter, Johann Georg Jakobi, geb. 1740, jezt Professor der sch. W. zu Freiburg in Breisgau,' verdankt es unsre Poesie, daß sie der an schönen Stücken dieser Gattung vorzüglich reichen französischen nicht mehr so weit, wie ehedem, nachstehen darf. Seinen Episteln ist eben so sehr, wie seinen lyrischen Gedichten, überaus viel Feinheit, Gefälligkeit und Wohlklang eigen, selbst dann, wenn fie durch den Inhalt minder anziehend, und bloße Spiele heitrer Laune sind.
Nachläßig, im vertrauten Ton, Ein kleines Liedchen Dir zu singen, Befahl mir Gleim Anakreon; Dir, den, mit abgelegten Schwingen, Das Chor der Liebesgötter hört, IInd flatterhaft zu seyn verschwört, Wenn Deine Leier Tugend lehrt; Den åchte Weise gern umringen, Wenn du bei vollen Bechern wachst, Und eine Nymphe zårtlich machst, Und mit dem freien Satyr lachst. Umsonst! es sieht auf meine Lieder Hier keine Muse günstig nieder, Hier, wo, mit abgemeßnem Gang, Ein finsterer gelehrter Zwang In trauernde Gemächer schleichet, Und jede Grazie verscheuchet; Wo keine Schöne zärtlich ist, Kein aufgeblühter Busen winket, Wo man bei kaltem Scherze trinket, Und ohne Liebe frostig küsst. Selbst Orpheus hätte nie gesungen, Hått' er nur todten Fels gezwungen
Empfindungsvoll ihm nachzugehn, Hått' er nur Flüsse stille stehn, Und Wälder nur im Tanz gesehn; Das Mädchen, das die Liebe fühlte, Blieb in den Büschen nicht versteckt; Und, wo er seine Leier spielte, Ward manche Schläferin geweckt.
Was mir ein Amor jüngst entdeckt,
O! dürft' ich Dir nur das erzählen! Doch sanfte, süße Töne fehlen; Und Deine Muse nur singt nach, Was Amor oder Chloe sprach.
Noch sang Horaz, in Tiburs Gründen, Zum Chierwein, auf jungem Moos, und ließ ein Mädchen Kränze winden; Da fiel im Tartarus sein Loos. *) Ihn schüßten nicht die Pierinnen, Nicht Amor, der sein Leben bat; Allein es streuten Charitinnen Ihm Rosen auf den finstern Pfad. Geführt von kleinen Amoretten Wird er an sanften Blumenketten; Und Charon blickt ihn lächelnd an. Nun steht er an dem schwarzen Kahn, Ganz ohne Reue, ganz gelassen, Und heiter, wie Elysium. Der Weise sieht um sich herum. Die Götter, vor Betrübniß stumm, Sein fliehendes Gewand umfassen, Und tröstet die getreue Schaar, Und reicht die Leier ihnen dar. Dort, sagte Flakkus, wo Teutonen In unbesiegten Wäldern wohnen,
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