Gott wills. Mit dir, mit dir allein, Du trauter Bruder meiner Seele,
Kann ich auch in der fernsten Hole
Bei bittern Wurzeln selig seyn.
Sie schweigt. Des Jünglings Wange glühet; Sein Odem stockt; sein Herz pocht laut; Wie beim Altar der Beter kniet, Liegt er vor ihr: Ach! süsse Braut; Für mich Geschaffne! kann ichs glauben? Fallt er, komm laß uns gleich entfliehn, Eh Menschen unser Glück uns rauben. Du zögerst? Ach! ich war zu kühn In meiner Hoffnung. Fiekchen hatte Den letzten Kampf der Pflicht gekämpft; Ein Seufzer des Geliebten dämpft Den heilgen Aufruhr. Ach! mein Gatte Hie bin ich! ruft sie, flüchte mich, Gieb meinem Geist die Ruhe wieder! Sie weint. Der Himmel röthet sich: Es-fährt auf leuchtendem Gefieder Sophiens Schußgeist schnell hernieder: Betrogne, was beschliessest du? Rief er dem blaffen Mädchen zu; Erkenne, wem du dich ergeben! Sein Finger rührt den Damon an; Im Nu verschwindet der Galan, Und Fiekchen sieht mit Graus und Beben Ein schwarzes Kind des Erebus, Den Faunen gleich an Haupt und Fuß Vor ihrem starren Auge schweben Und knirschend einen Blick ihr geben, In dem der Hölle Feuerschlund Ganz, wie am Richttag offen stund. Dem Täubchen gleich, wenn ihm der Geier Im Flug den bunten Nacken bricht, Stürzt Fiekchen vor das Ungeheuer Entgeistert auf ihr Angesicht;
Und als sie sich im Gras gefunden,
War Faun und Genius verschwunden,
Ein leiser Schauer faffe dich, O Phōbe! was ich dir erzählte Ist kein Traum; oft begab er sich Der Fall, nur daß der Schußgeist fehlte. O! danke, danke Gott für den, Geliebte, welchen seine Güte, Bei deinem Eintritt ins Gebiete Der Sterblichkeit, dir ausersehn, Für deine Mutter, die im Stillen, Doch Engeln sichtbar, ihm nur lebt Und ihrem Hans, und sich bestrebt Zuerst die Lehren zu erfüllen,
Die sie dir giebt. Die schöne Pflicht Der Arbeit, Kind, versäume nicht; Auch diese gab uns Gott zum Schuße Der Unschuld. Aber blos zum Schein Die Hånde regen, blos dem Puße Sie widmen, ist nicht Arbeit, nein, Bedacht und nüßlich muß sie seyn; - Kein trages Spielwerk eitler Jugend. Suchst du dir lautre Freuden hier? Ach! Phobe, nichts gewährt sie dir, Als Gottes Schöpfung und die Tugend, Suchst du Gesellschaft? Dein Clavier, Ein gutes Buch und du und wir, Was brauchst du mehr die Zeit zu kürzen? Fleuch, wenn du liefest, den Roman: So gut als Fiekchens Damon kann Ein Buch dich ins Verderben stürzen, Das bald uns eine Tugend leiht, Die noch kein Menschenkind erreichet, Das in der Unschuld Feierkleid Sich langsam in die Seele schleichet; Bald unsrer Weisheit alle Kraft Abwizelt, und die Leidenschaft Für Fürstin der Vernunft erkläret, Und bald die kranke Phantasei Des Schicksals blinder Tyrannei Durch Gift und Dolch entfliehen lehret. Glaub immer an die Sympathie Berwandter Seelen; ohne sie
Fånd ich nicht Glück genug auf Erden. Allein, o möchtest du doch nie Durch dies Gefühl getäuschet werden! Nicht auf den Lippen, in der Brust Wohnt es, ift ewig wie die Jugend Des Seraphs, rein wie seine Luft. Ja, meine Phobe, ja die Tugend Hat ihren Magnetismus auch, Der, wie des Zephyrs warmer Hauch Zwo Blumen sanft zusammen wehet, Zwei Herzen, die der Gottheit Ruf Zu Bild und Gegenbild erschuf, Sich schwesterlich entgegen drehet. Doch, Phobe, diese Wunderkraft Ist nicht Instinkt, nicht Leidenschaft, Aus der nur Schaam und Ekel stammet. Den Geist erwärmt sie, nicht das Blut, und läutert, wie die stille Glut Das Golderz, die, so fie entflammet, Durch des Genusses Ebb und Fluth; Würzt ihre Freuden, stählt den Muth, Wenn sie die Last des Daseyns quålet; Und gab auch mir das höchste Gut Der Erde, das Monarchen fehlet: Ein Chor von Freunden, am Altar Der Ewigkeit mit mir vermåhlet, Die mir zum Schuß, gleich jener Schaar, Die Jakob einft im Traum gesehen, Auf Gottes Leiter vor mir stehen, und oben Er, im mildern Glanz Der Vaterwürde. Theure Phöbe! Ich weiß, du kennest noch nicht ganz Das frohne, mystische Gewebe Der Fesseln wahrer Sympathie! Allein auch dir ist einst durch sie
Der Menschheit höchstes Glück beschieden. Nur hüte dich vor Schwärmerei, Und suche kein Geschöpf hienieden, Das frei von allen Mängeln sey.
Und wenn dein Herz den Jüngling findet, Zu dem es jenen Hang empfindet,
Dem noch kein edles Herz entflohn; So folge nicht dem ersten Triebe; Belausch ihn: hat er einen Thron, Und spottet der Religion, Kind, so verachte seine Liebe, Und wähle seinen frommen Knecht. Zeuch froh mit ihm in seine Zelle, Und leb im Dunkeln an der Quelle Der Seligkeiten schlecht und recht. und ruft euch einst der Vorsicht Willen Ins Vaterland der Tugend ab, So leg ein Enkel eure Hüllen In mein und meiner Doris Grab.
Leipzig, gedruckt bei Christian Friedrich Solbrig.
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