Sivut kuvina
PDF
ePub
[ocr errors][merged small][merged small][merged small]
[ocr errors]

S. Th. I. S. 58. Im ersten Theile der kleinen Leffingischen Schriften (Berl. 1753. 12.), und in den nach seinem Tode von seinem Bruder herausgegebenen Vers mischten Schriften, stehen einige didaktische Fragmente, von welchen das über die Regeln der Wissenschaften zum Vergnügen, besonders der Poesie und Tonkunst, wor aus ich hier eine Stelle mittheile, zur gegenwärtigen Gat tung gehört. L. selbst sagt von diesen Fragmenten, daß er fie entweder nicht ganz zu Stande gebracht, oder sie nicht ganz dem Leser mitzutheilen für gut befunden habe. Es find aber, wie sein Bruder sehr richtig urtheilt, zu schöne Rudera, als daß Lefer ohne Vorurtheil nicht mehr dabei zu denken finden sollten, als bei manchem neuern völlig ausges arbeiteten Gebäude. Man wird mit Vergnügen darin die Opigische Manier, und merklich veredelt, wieder finden, und es bedauren, daß ein Dichter, der dazu so viel Geschick und Beruf hatte, nicht mehr in diefer, von uns Deutschen noch allzu wenig bearbeiteten Dichtungsart geliefert hat.

Ueber die Regeln der Wissenschaften zum Vers gnügen; besonders der Poesie und Tonkunst.

[ocr errors][merged small]

Der du, für dich und uns, der Töne Kräfte kennst,
Der Kunst und der Natur ihr wahres Amt ernennst,
Maaß, Gleichheit, Ordnung, Werth im Reich der
Schalle lehrest,

Denkst, wo man sonst nur fühlt, und mit der Seele

hōrest,

Dein Ohr nicht küßeln läßt, wenn du nicht weißt, war:, Leffing.

um?

Dem schwere Schönheit nur Lust bringt, und Meistern

Ruhm;

Freund, sprich, soll die Musik nicht alle Welt ergo: ken?

Soll sie's; was darf man sie nach strengen Regeln
schäßen?

Die grübelnde Vernunft dringt sich in alles ein,
Und will, wo sie nicht herrscht, doch nicht entbehret

seyn.

Ihr flucht der Orthodox; denn sie will seinem Glaus ben,

Der blinde Folger heischt, den alten Beyfall rauben.
Und mich erzürnt sie oft, wenn sie der Schul ent
wischt,

Und spiß'gem Tadel hold, in unsre Luft sich mischt.
Gebietrisch schreibt sie vor, was unsern Sinnen tauge,
Macht sich zum Ohr des Ohrs, und wird des Auges
Auge.

Dort steigt sie allzu hoch, hier allzu tief herab,
Der Sphår nie treu, die Gott ihr zu erleuchten gab.
Die ist des Menschen Herz, wo sich bey Irrthums
Schatten

Nach innerlichem Krieg, mit Lastern Laster gatten,
Wo neues Ungeheur ein jeder Tag erlebt,

Und nach dem leeren Thron ein Schwarm Rebellen

strebt.

Hier laß, Vernunft, dein Licht, uns unsern Feind ers blicken,

Hier herrsche sonder Ziel, hier herrsch uns zu beglüs cen.

Hier findet Tadel, Rath, Geseß, und Strafe statt.
Doch so ein kleines Reich macht deinen Stolz nicht
fatr.

Du fliehst auf Abentheur ins Elend zu den Sternen,
Und baust ein stolzes Reich in unermeßnen Fernen,
Spähst der Planeten Lauf, Zeit, Grdß, und Ordnung

aus,

Regierst die ganze Welt, nur nicht dein eignes Haus.

Und

Leffing.

Und steigst du dann und wann, voll Schwindel aus
den Höhen,

Zufrieden mit dir selbst, wie hoch du steigst, zu sehen,
So kommst du, statt ins Herz, in einen Kritikus,
Der, was die Sinne reizt, methodisch mustern
muß,

Und treibst durch Regeln, Grund, Kunstwörter, Lehr:
gebäude,

Aus Luft die Quintessenz, rektifizirst die Freude,
Und schaffst, wo dein Geschwåß am schårfften über-
führt,

Daß viel nur halb ergözt, und vieles gar nicht rührt;
Das Fühlen wird verlernt, und nach erkiesten Grün

den

Lernt auch ein Schüler schon des Meisters Fehler fin
den,

Und hålt, was Körner hat, für ausgedroschnes
Stroh;

Denn Etel macht nicht satt, und Eigensinn nicht froh.
Ist der Vergnügen Reich nicht klein genug umschräns
tet,

Daß unser etler Wiß auf engre Marchen denket?
Treibt denn der Baum der Luft, Holz, so im Uebers
fluß,

Daß man gewaltsam ihm die Aeste rauben muß?
Ist unsre Freud ein Feur, das sich zu reichlich nähret,
Das uns, schwächt man es nicht, anstatt erwärmt,
verzehret?

Ist das, was uns gefållt, denn lauter starker Wein,
Den man erst wässern muß, wenn er soll heilsam.
seyn?

O nein! denn gleich entfernt vom Geiß und vom Verz schwenden,

Floß, was du gabst, Natur, aus sparsam klugen Håns

den.

Was einen Bauer reizt, macht teine Regel schlecht;
Denn in ihm würkt ihr Tries noch unverfälschlich &cht;
Und wenn die kühne Kunst zum höchsten Gipfel flieget,
So schwebt sie viel zu hoch, daß ihn ihr Reiz vergni

get.

S

So wie des Weingeists Gluth, weil er zu reinlich, Leffing..

[merged small][ocr errors]

Kein dichtes Holz entflammt, noch seine Theile trennt.

Freund, wundre dich nur nicht, daß einst des Ors
pheus Saiten

Die Tiger zahm gemacht, und lehrten Bäume schreis

ten:

Das ist, ein wildes Volk, den Thieren untermengt,
Hat, wenn er spielte, sich erstaunt um ihn gedrängt.
Sein ungefüßelt Ohr fühlt süße Zaubereyen,

Ihn lehrt die Macht der Kunst die Macht der Götter

scheuen,

Und was der Wundermann lobt, rathet und befiehlt,
Hat bey den Rauhesten den Reiß, mit dem er spielt.
Die Menschlichkeit erwacht; der Tugend sanftes
Feuer

Erhist die leere Brust, und wird die Frucht der

Leyer.

Der Wald sieht sich verschmäht, man sammelt sich zu

Hauf,

Man herrscht, man dient, man liebt und bauet Flecken

auf.

So wirft ein Leyermann, und Gott weiß was für eis ner!

Den Grund zum größten Staat, und macht die Büre ger feiner

Doch, wars ein Wunder? Nein. Dem unverwöhns

ten Ohr,

Das noch nichts schöners kennt, kömmt alles göttlich

vor.

Jezt aber : wåhle selbst, nimm Hassen oder Grauen
Und sprich, ihr edler Stolz, wird er sich so viel
trauen?

Er beßre wenn er kann, das ungeschliffne Land.
Dem Junker und dem Bau'r fehlt noch gleich viel Ver:
stand.

Er geh, sind sie es werth, und lehr mit Opertönen,
Was sich nicht lehren läßt, den ohne Murren fröhe

nen,

Und

1

د

Leffing. Und jenen, ohne Stolz ein Bauerkönig seyn!
Der Priester råumt ihm gern dazu die Kirchen ein.
Doch er wird zehnmal eh die Karpfen in den Teichen,
Als ihren dummen Baur, und Bauerherrn erweichen.
Nicht, weil er schlecht gespielt, weil er kein Orpheus
ist,

Des Kunst die Billigkeit, nach seinen Zeiten mißt;
Nein weil jezt (güldne Zeit!) der Pöbel auf den Straß
sen,

Ein etler Ohr besißt, als Kenner sonst besaßen.
Erst drångt er durch die Wach sich toll ins Opernhaus,
Urtheilt erbärmlich dann, und strömt in Tadel aus.
Die Wendung war zu alt, die kam zu oftmals wieder;
Hier stieg er all zu hoch, hier fiel er plößlich nieder;
Der Einfall war dem Ohr zu unerwartet da,
Und jener taugte nichts, weil man zuvor ihn sah!.
Bald wird das Traurige zum Heulen wüster Töne,
Bald ist die Sprach des Leids zu ausgekünstelt schöne!
Dem ist das Fröhliche zu schäkernd, possenhaft,
Und jenem eben das, ein Grablied ohne Kraft;
Das ist zu schwer gesetzt, und das für alle Kehlen;
Und manchen scheint es gar ein Fehler, nie zu fehlen;
Das Wort heißt zu gedehnt, und das nicht gnug ge
schleift;

Die Loge weint gerührt, wo jene zischt und pfeift.
Wo kömmt die Frechheit her, so unbestimmt zu rich
ten?

Wer lehrt den gröbsten Geist die Fehler sehn und dich
ten?

Ist nicht, uneins mit sich, ein Thor des andern Feind?
Und fühlt der Künstler nur sie all' auf sich vereint?
Ist nicht der Grund, weil sie erschlichne Regeln wis

sen,

Und, auf gut Glück, darnach vom Tod zum Winkel
schließen?

Er ists. Nun tadle mich, daß ich die Regeln schmäh,
und mehr auf das Gefühl, als ihr Geschwäße seh.
Die Schwester der Musik hat mit ihr gleiches Glücke,
Kritiken ohne Zahl, und wenig Meisterstücke,

« EdellinenJatka »