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Seele und die Seele seiner Zuhörer gleich le b= haft beschäftigen könnte. Er erdichtet aber nicht immer, weil nähmlich manches Wahre zur Erreichung seiner Absicht, Einbildungskraft und Herz zu erwärmen, schon hinlänglich geschickt ist. Und nicht jeder, der erdichtet, ist Dichter, weil nähmlich nicht jeder auf die Wirkungen des Dichters damit abzielt; weil ihm an der Lebhaftigkeit der Vorstellungen weniger, als an ihrer geglaubten Richtigkeit liegt.

Wie erklären wirs ferner, daß sich der Poet in seinen Ausdrücken oft so weit über den Profais ften erhebt, und oft wieder die simpelste, ungeschmäckteste Sprache redet? Denn in manchen Liedern, in Elegien, in Lustspielen, wie einfach ist da die Sprache! Und wie erhaben und prächtig wieder in der hohen Ode, in Epopden, und heroischen Trauerspielen?

Alle oben angeführte und nicht angeführte Unterschiede im Ausdrucke, der Gebrauch neuer, frems der, veralteter Wörter und Redensarten, die ungewöhnlicheren Wortfügungen, die häufigeren Epithete, die kühneren Metaphern, die Figuren aller Arten in Gedanken und Worten, dienen zum Ausdrucke und zur Erweckung lebhafter Vorstellungen. Sie müssen also vor allen dem Dichter zugehören, der auf lebhafte Vorstellungen, als auf den legten Zweck feiner Kunst, arbeitet. So bald aber der Fall eintritt, daß die Natur der lebhaften Vorstellungen keinen Glanz des Ausdruckes verträgt, so muß auch die Sprache zu der ge

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wöhnlichen fich mehr herab laffen, und nur durch Pråcifion, Energie, Naivetät sich empfehlen. Traurigkeit z. B. verwirft allen gesuchten Schmuck, und ner in klagenden Elegien Klopstocks. Odensprache reden wollte, würde durch die auffallende Disharmonie zwischen Empfindung und Ausdruck alle Wirkung vernichten. Fröhlichkeit ist, ihrer Natur nach, leicht und sorglos; wer fie fingt, muß keine hochtrabende Wörter brauchen, keine künstliche Perioden flechten, u. f. w. Wir sehen, daß in unserer Erklärung alles liegt, was darin liegen sollte, und schließen daher, daß fie die richtige ift.

Die Gattungen fließen freylich, in Werken der Kunst, wie der Natur, überall in einander; indeß wird unsere Erklärung dienen, die Gränzen so genau als möglich zu berichtigen. Sie führt nähmlich auf den Grundsah: So oft in einem Werke die Lebhaftigkeit der Vorstellungen der hervorstechende höhere Zweck ist, dem die andern untergeordnet worden, so ist das Werk mehr zur Poefie gehörig; so bald jene nur Mittel oder unterges ordneter Zweck ist, so ist es mehr zur Prosa ge= hörig *).

*) Man muß bey Anwendung dieses Grundfaßes nur fols gende Erinnerungen merken: 1) Ein Werk kann so uns. verträgliche Eigenschaften verbinden, daß von der Gats tung gar nicht die Frage seyn kann, weil es ein abge= schmacktes und wider sinniges Werk ist. Dieß würde z. B. der Fall seyn, wenn eine Rede nach allen Regeln einer ångstlichen Homiletik genau disponirt, und dann gleichwohl in den prachtvolleßten Hexametern geschrieben wås

Voctisches Genie ist nun, nach unserer Erklärung des Gedichtes, die Fähigkeit, Ideen von einem hohen Grade der Lebhaftigkeit hervor zu bringen. Mithin liegt es in einer vorzüglichen Stärke der oben benannten Seelenkräfte.

Die Vortrefflichkeit der poetischen Kunst ́erhellet aus der Schäzbarkeit eben dieser Seelenkräfte, als auf deren Uebung und Erhöhung fie abzweckt.

Poetische Begeisterung ist die jedesmahlige wirkliche Aeußerung des Genies, oder derjca

re. Hier würden Plan und Vortrag auf ganz verschies dene Endzwecke gehen, deren einer durch den andern gehindert würde, und das Ding würde eher Unding als. Mittelding seyn. 2) Die verschiedenen Theile können einander so unähnlich, so heterogen seyn, daß das Werk in Absicht des einen etwas ganz anders als in Absicht des andern ist, und dann läßt es sich freylich unter keis ne bestimmte Gattung bringen. 3) Wenn in einem Werke nicht alles geschehen ist, was zur Erreichung des Endzweckes geschehen konnte, so macht dieser Umstand das Werk in so fern mangelhaft, aber wirft es noch nicht aus der Gattung heraus. An Geßners Idyllen z. B. mangelt etwas, weil sie nicht verfificirt find; aber fie bleiben dennoch Gedichte. 4) Wenn in einem Werke für den Endzweck zu viel geschehen ist; so hat das Werk in so weit einen Fehler, aber hört darum noch nicht auf, von der und der Gattung zu seyn. Ein Geschichtschreiber kann sich in seiner Sprache etwas zu sehr dem poetischen Tone nåhern; er bleibt darum doch ein Geschichtschreiber. Die weitere Entwickelung des Begriffes der Lebhaftigkeit wird sich unten beym Lehrgedichte finden.

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nige Zustand der Seele, in welchem sie I einem vorzüglichen Grade der Lebhaftigke rer eigenen Kraft hervor bringt.

Das Genie aber ist nicht immer und jedem Augenblicke Genie. Nicht alle seine ben deu gehörigen Grad von Lebhaftigkeit; harmoniren gleich richtig mit der Reihe de Ideen; nicht alle erhalten im ersten Au den treffendsten und glücklichsten Ausdruc jede Anordnung der Theile bringt gleich abgezweckte Wirkung hervor; nicht alle J der Seele gleich angenehm, es sey nun, finnlichen Widerwillen erregen, oder das sche Gefühl beleidigen. Um es kurz zu fasse alle Ideen, Ausdrücke und Anordnungen d le find schön. Es muß also noch der Ges hinzu kommen, der in dem undeutlichen über die Schönheit besteht. Kritik ist ebe Urtheil, entwickelt und deutlich gemacht; o zer der raisonnirte Geschmack.

Zweytes Hauptstüď.

I den verschiedenen Dichtungsarten.

haben, in dem vorhergehenden Hauptstücke, dener Dichtungsarten erwähnen hören. Von Dichtungsarten hat schon ein jeder, der ht ganz unbelesen ist, einen ungefähren Bebelcher bloß etwas mehr braucht aufgeklärt nauer bestimmt zu werden. Wir wollen also sdrücklich fragen: Worin besteht der Unied unter ihnen? Laffen fie fich alle unter Eintheilung bringen? Oder find sie Glieder er Eintheilungen, die aus verschiedenen Grünmacht find? Und wenn das Leştere ist, weld diese Gründe? Um hierauf zu ant, müffen wir auf gut Glück einige Dichrten heraus nehmen, sie vergleichen, und echenschaft von ihrem Unterschiede geben. Vorin mag also z. B. der Unterschied zwischen lyrischen Gedichte und einem Lehrgee liegen? Das Lehrgedicht, finden wir, ist ich nur zur Declamation eingerichtet, es ist r einförmigen Versart, mit weniger Abwechdes Sylbenmaßes, weniger Schwung, wenis erkbarem Rhythmus geschrieben, als das lyri

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