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gleichen Füßen eingeschloffen hat? Ja, oft noch über dieß sich das Gefeß auferlegt, ganze Reihen von solchen Zeilen wiederum einander gleich zu machen? Mit einem Worte: daß man sich an Syl ben, Zeilen und Strophenmaße gebunden hat?

Zuerst merkt ein jeder, daß die Art von Tact und von Rhythmus, die hierdurch in die Rede kömmt, etwas sehr Schmeichelhaftes für das Gehör habe, und daß durch dieses Schmeichelhafte, welches sich mit dem Reiße des Neuen und Ungewöhnlichen vereinigt, die Aufmerksamkeit mehr erweckt, der Eindruck mehr verstärkt werde, als durch die freyere prosaische Art zu reden. Wenn man den Kindern das Lernen historischer Nahmen, grammatikalischer Regeln u. f. f. erleichtern und angenehmer machen will, so bringt man sie ihnen in Verse.

Ferner hat die Poesie schon durch das bloße Sylbenmaß einen Vortheil, den die Profa nie so ganz erreichen kann: diesen nähmlich, daß es manche in den Worten liegende Vorstellungen durch Nachahmung sinnlicher macht, daß es mahit. In folgender Gleimischen Stelle wird die Geschwindigkeit mehr noch durch die Dactylen und die Kürze der Zeilen, als durch das Gleichniß, ausgedrückt : Den flüchtigen Tagen

Wehrt keine Gewalt ;
Die Råder am Wagen
Entfliehn nicht so bald.

Und so haben andere Sylben- und Beilenmaße et

was Langsames, Feyerliches, Prächtiges, Sanf=

das schon in dem bloßen Falle liegt, und = es mit dem Inhalte der Worte gehörig harrt, die Vorstellungen bey richtiger Declamation zu unterstüßen dient. Selbst. Unregelmä

iten des Sylbenmaßes haben oft viel Ausendes und Mahlerisches. Wie z. B. die uns ndete Zeile in Kleist's Frühling: foul p

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Verftummt dann, bebende Saiten !

So preift ihr würd'ger den Herrn!

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· der Mangel des Einschnitts in folgender Ramhen Zeile:

50 lang' in dieses Hafens Arme Segel wallen..

r Spondeen, statt der Dactylen, in dem voren Fuße des Herameters, wie manchmahl bey stock. Oder die Verschlingung einer Zeile und = Strophe in die andere, wie bey Ramler:

weiche Söhne tapfrer Franken! Sprechet
Helvetien um Månner an!

O plündert unbewährte Fürstenthümer! Brechet
Mit Wagen, Roß und Mann

In eurer Våter alte Size! Schreitet

Kühn über den gehörnten Rhein u. f. w.

r sieht nicht, wie vortrefflich hier der Dichter, 3 durch seinen kunstvollen Versbau, die Geken gemahlt hat? Ueberhaupt hat niemand das hanische der Poefie, wie man es nennt, so sehr einer Gewalt gehabt, und es mit solcher Klugzu nußen gewußt, als Ramler.

Mit diesem Vortheile ist ein dritter verbun= der von allen der wichtigste ist, und sich bes

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sonders bey gewissen Sylbenmaßen äußert nähmlich die Sprache dadurch der Musik wird, als zu welcher Tact und Rhythmus ren. Auch ist schon das Sylbenmaß selbst, auch die Worte noch nicht gesungen, sonder gut recitirt werden, eine Art von Musik. 5 aber ist lebendiger Ausdruck der Empfindi und eben dadurch auch Mittel, bey Andern pfindung hervor zu bringen. Die Erklärung. Sache, wenn sie überhaupt befriedigend kan geben werden, würde uns hier zu weit füh genug, daß ihre Wahrheit durch eines jeden nigfaltige Erfahrungen an sich und an A bestätiget wird. Nicht allein aber macht das fikalische des Sylbenmaßes die Sprache zum drucke und zur Erweckung der Empfindung i haupt bequemer; sondern auch die eigene Art Empfindung, die der Dichter jedes Mahl aus cken und erwecken will, wird durch das Ei thümliche eines klüglich gewählten Sylbenm ungemein unterstüßt. In der ersten der folgen Stellen ist das Sylbenmaß schmeichelnd und sai in der zweyten, munter und fröhlich; in der d ten, feyerlich ernst; der Natur der Empfindun gemäß, die den Juhalt einer jeden ausmachen.

Liebe, die du Götter oft um Schäfer tauscheft,
Lieber unter Lauben und auf Blumen lauscheft,
Als Palläfte sucheft, und ́aus Golde trinkst,
Und auf Cedern tanzeft und auf Sammet finkft!
Einen Prinzen höre u. s. w.

Ramler

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g' ifts schon, Elise, daß ich schweige, d bringe dir nur stumme Thränen dar. hin ein Lied, nicht daß ichs Menschen zeige; in, still und treu, wie unsre Liebe war. schilt die Welt zuleßt noch, wenn ich weine? er starb mir denn? Weß ist Elisens Grab ? net mir ein Elend, wie das meine, d sprecht mir dann das Recht der Thrånen ab!

Haller.

ie Summe von diesem allen ist: daß das maß dem Ohre schmeichelt, der EinbildungsIdeen mehr gegenwärtig zu machen dient, Absicht, das Herz in alle Arten von Em9 zu sehen, mit erreichen hilft. Diese vers en Vortheile laffen sich aber wieder auf eiemeinern Begriff bringen: das Sylbenmaß h ist ein Hülfsmittel, lebhaftere Vors en zu erzeugen.. Und wie, wenn nun der weck des Dichters und das ganze Wefen Zunft darauf hinaus liefe, durch den Geder Rede, als die sein einziges Instrument haftere Vorstellungen auszudrücken und zu ? Oder welches einerley fagt: diejenigen

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Seelenkräfte, die allein zur Empfängniß solcher Vorstellungen geschickt sind, die Sinne, die Einbildungskraft, den Wig, das sympathetische Gefühl, in Uebung zu sehen, und sie durch diese Uebung zu ers höhen und zu schärfen?

Die Prosa würde dann der Poesie so entgegen gefeht seyn, daß jene mehr auf richtige Vors stellungen der Dinge, zur Erweiterung nüglicher Kenntnisse, auf Ueberzeugung des Verstandes von allgemeinen oder besondern Wahrheiten, an denen gelegen ist, auf Lenkung und Ueberredung des Willens vermittelst aufrichtiger Darstellung oder hin terlistiger Vorspiegelung des Wahren, ginge.

Um die Richtigkeit unserer Erklärung zu průfen, müssen wir sehen, ob auch die andern oben bemerkten Unterschiede zwischen Poesie und Prosa in ihr gegründet sind. Und wie erklären wirs denn zuerst, daß der Poet erdichtet? daß er aber nicht immer erdichtet? und daß nicht jeder, der erdichtet, Poet ist?

Der Poet, werden wir sagen, erdichtet, weil ihm die bloße Wahrheit zu seinem Zwecke nicht Genüge leistet, weil sie für ihn zu kalt, zu verwi= ckelt, zu leer ist. Bald versteckt er also die Wahrheit in Erdichtungen, um den Eindruck zu verstår= ken und zu erhöhen; bald läßt er nur einen Theil des Wahren, wie er ist, und nimmt mit dem andern beträchtliche Veränderungen vor; bald erdichtet er ganze Geschichten ohne allen Grund der Wahrheit, weil er nichts Wahres kennt, oder weil ihm jezt nichts Wahres vorschwebt, das feine

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