Sivut kuvina
PDF
ePub

mehr und leichtere Beschäftigung und mithin mehr Vergnügen, als eine willkührliche Zusammenhäufung einzelner Säße und Maximen. Das eine Mahl läuft man gleichsam auf einer sanft abhangenden Fläche fort, wo jeder folgende Schritt durch den vorhergehenden 'schon so vorbereitet ist, daß es oft weniger Mühe kostet, ihn zu thun, als ihn anzus halten; das andere Mahl steigt man gleichsam eine fich erhebende F ́åche hinan, wo jeder Schritt von neuem die volle Anstrengung des ersten kosket, und man öhne Unterlaß ausruhen muß, um wieder Kraft zu gewinnen.

Die weitere Eintheilung der didactischen Ge dichte, durch nähere Bestimmung des Stoffs, macht fich sehr leicht; aber sie hat in der Theorie zu we nig Einfluß, als daß wir uns hier dabey aufhalten follten. Wir wollen lieber die ganze Dichtungsart nur im Allgemeinen betrachten; doch immer mit vorzüglicher Rücksicht auf die philosophischen Lehr. gedichte, die, in mehr als einer Absicht, von allen die wichtigsten find.

Die erste Frage, die wir hier zu beantworten haben, ist folgende: Wenn der Stoff des Lehrges dichts allgemeine Wahrheiten sind, und wenn die Dichtkunst die Lebhaftigkeit der Vorstellungen zu ihe rem höchsten Endzwecke hat; wie kann alsdann das Lehrgedicht wahres Gedicht seyn? - Freylich, wenn die Wahrheiten darin fo trocken vorgetragen, die Begriffe so logisch analysirt, die Beweise so Schritt vor Schritt geführt würden, wie in eigent Lich wissenschaftlichen Werken; so wäre das der

ftigkeit durchaus zuwider. An der Fabel vir schon ein Beyspiel gesehen, wie man gem ine in lebhafte Vorstellung verwandeln urch Zurückführung nähmlich auf einen eins Fall, in dem es klar und anschauend erkannt st nun aber der Dichter bloß auf dieses Miteschränkt? oder gibt es der Mittel, die Ideen zu machen, noch mehrere? Wir wollen ferm ersten und berühmtesten didactischen eine unstreitig poetische Stelle vornehmen, s, wodurch sie poetisch ist, aussuchen, und den Begriff der Lebhaftigkeit, den wir im auptstücke zu eilig verlaffen haben, weiter áren suchen.

[ocr errors]

da ich eine Nacht, wie Erntetage lang, am und Ungeduld im leeren Bette rang, De Schatten uns das Unglück schwärzer machen, oldinnen gleich die Sorgen mit uns wachen; ie Vernunft mein Herz, das allen Troft verwarf, ch in einem Ton, den es nicht tädeln darf: 4 ger! der Gram hat dein Gesicht vergållet, 7 die Dinge schwarz, gebrochen und verstellet. inen Raupenftand und einen Tropfen Zeit, cht zu deinem Zweck, die, nicht zur Ewigkeit! Selten über dir, gezählt mit Millionen, ster fremder Ärt in andern Körpern wohnen ;. im und was er faßt, was Heut und Gestern hat, Engel, Körper, Geist, ist Alles Eine Stadt. ein Bürger auch; sich selber, wie geringe! chwohl machst du dich zum Mittelpunet der Dinge ?... u, daß Gott dann selbst die ewigen Geseze, den Welten schrich, aus Gunft für dich verleze?

Soll, wenn's ein Dichter wünscht, der zarte Leib ein Stein;

Ein Fieber, ohne Wuth; Gift, ohne Wirkung seyn; u. f. w. Saller.

Man empfindet sehr bald, daß hier alles ans ders ist, als es in einem eigentlich philosophischen Werke seyn würde; aber wie und wodurch ist es anders? Gleich Anfangs, "fühlt man, wird die Aufmerksamkeit in einem sehr hohen Grade erregt; nicht bloß durch das Intereffe und die Wichtigkeit der Wahrheiten an sich selbst, sondern auch vorzüglich dadurch, daß hier ein Mann spricht, der wirklich eben jest von ihnen erwärmt und durchs drungen ist, ein Mann in einer Situation, wo ihm diese Wahrheiten zu seiner eigenen Beruhigung nöthig und wichtig werden. Er denkt sie nun nicht mehr kalt und allgemein, wie der bloße Philosoph fie fich denken würde; er denkt sie sich mit inniger Rührung, mit inniger Anwendung auf seinen eis genen Zustand. Er schafft sich, in dem Bedürfniffe recht lebhaft von ihnen gerührt zu werden, aus der Vernunft eine Freundinn, der er allen den Ernst und die Würde läßt, die den Wahrheiten, und den Umständen, worin er dieselben denkt, gemäß find, der er aber ihre Kälte und Trockenheit nimmt, und ihr einen Ton voll Wärme und Beredsamkeit gibt. Diese Wärme und Beredsamkeit aber, woraus entsteht sie? - Zuerst bringen hier die Figu ren der Frage, des Ausrufs, der ausgelaffenen Verbindungswörter u. f. f. ein großes Leben in die Redez denn sie unterbrechen nicht nur den ermü

förmigen Gang, den eine Folge von laus, en Säßen haben würde; sondern, was züglichste ist, sie kündigen uns auch den zustand des Redenden, die mannigfaltigen gen- an, die in dem Innern seiner Seele , und geben uns also, außer der Haupt, ch die ganze Menge der sie modificirenden árkenden Neben-Jdeen. Die Wahrheit geht us dem Verstande ins Herz über, und then mit dem Dichter in alle die verschics wegungen und Leidenschaften, von denen während der Entwickelung seiner Gedans durchdrungen fühlte. Ja wir hören gleich. -erschiedenen Abänderungen seiner Stimme, Iten, Vergeschwindern, Steigen und Sin Tons; sehen gleichsam das ganze mans Geberdenspiel, womit er den Ausdruck che, wenn er jest selbst recitiren sollte würde. Zweytens liegt schon in gewis. eine ihnen eigenthümliche Kraft, auf das zu wirken, wenn andere diese Kraft vor. st durch die Art erhalten, wie der Dichträgt. Gesezt auch, daß die Zeilen ;

n über dir, gezählt mit Millionen,
fremder Art in andern Körpern wohnen!
und was er faßt, was Heut und Gestern hat,
gel, Körper, Geist, ift Alles Eine Stadt;

h, daß sie das Verdienst des Vortrags en, das der Dichter zur Verstärkung der noch hinzu gethan hat; so würden schon

immer die darin enthaltenen Ideen durch sich selbst die Aufmerksamk it der Seele feffeln, weil sie vorzüglich viel Größe und Inhalt haben. Millionen von Welten, der unendliche Raum, die unbegränzte Zeit, wovon hier mit Fleiß, weil sie so unermeßlich ist, nur Heute und Gestern genannt wird, die unbeschreibliche Mannigfaltigkeit der Dinge in der Nátur, und ihrer aller Harmonie und Verbindung : diese Ideen find schon durch sich selbst, eben weil fie so groß und so viel befaffend find, lebhaft. — Drittens hat der Dichter die Kunst verstanden, der eigenthümlichen Dürstigkeit seiner allgemeinen Wahrheiten aufzuhelfen: theils, indem er fie in befondern Fällen vorträgt, die der Seele so viel mehr zu denken geben, als die bloß allgemeinen Begriffe; theils, indem er seine Ideen mit andern ähnlichen oder contrastirenden in Verbindung bringt, wo wir statt Einer ihrer mehrere denken, wo eine Menge reeller oder verneinender Merkmahle, die sonst im Dunkeln würden geblieben seyn, an dem Gegenstande heraus gehoben und zur Vorstellung ges bracht werden. Er fragt nicht im Allgemeinen: Sollen die Dinge ihre Natur verlieren, weil gerade ein Mensch hier und da durch die Natur dieser sonst guten und für ihn selbst wohlthätigen Dinge leis det? Er nimmt besondere Fälle, welche die Abge schmacktheit eines solchen Wunsches weit schneller und unmittelbarer begreifen lassen:

Soll, wenn's ein Dichter wünscht, der zarte, Leib ein Stein;

Ein Fieber, ohne Wuth; Gift, ohne Wirkung seyn ?

« EdellinenJatka »