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eigentlich beschreibender Dichter, um uns durch seine Gemählde selbst zu belustigen, in Erstaunen zu seßen, zu rühren.

In dem ersten Falle, sieht man wohl, hat der Dichter eine doppelte Betrachtung zu machen. Zuerst was sein eigentlicher Hauptendzweck for dere, oder wenn nicht fordert, erlaube? Und zweytens: wie fähig die Gegenstände selbst, die sich ihm darbiethen, irgend einer, wenn auch schwä= chern, dichterischen Wirkung sind? - Ein Stoff, der ihn zu frostigen, ganz uninteressanten, oder wohl gar zu widrigen, ekelhaften Beschreibungen nöthigte, wäre ein undankbarer, unwürdiger Stoff, den er wegwerfen müßte. Der Renom mist, hat man gesagt, ist kein Gegenstand, den Zachariâ hätte bearbeiten follen. Denn alle poetische Kunst kann den unangenehmen Eindruck nicht austil gen, den so verworfene, so nichtswürdige Sitten machen.

In dem leztern Falle, wo dem Dichter bloß an der Beschreibung selbst gelegen ist, erspart er fich zwar die Rücksicht auf einen andern und hdhern Endzweck: aber desto sorgfältiger muß er nun in der Wahl seiner Gegenstände verfahren. Er muß fagen können, wie Ramler :\

Vom ganzen Walde, wählt mein Lied
Die Ceder die gen Himmel blüht,
Die Rose, von den Blumenbeeten ;

oder mit andern Worten: er muß Gegenstände aussuchen, die sich durch Neuheit, Schönheit, Er

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habenheit, Anmuth, durch irgend eine Beziehung auf die Neigungen des menschlichen Herzens vors züglich auszeichnen. Indeffen wird nicht leicht ein Gegenstand seyn, der nicht seine wichtigen und interessanten Seiten hätte, die nur wollen gefaßt und ins rechte Licht gesezt werden; und so thut hier vielleicht das Genie und die Kunst des Dich ters mehr, als die eigenthümliche Beschaffenheit seiner Gegenstände.

Wie aber, wenn, bey aller Bemühung des Dichters nur das Vorzüglichste auszuwählen, und es auf die beste, vorzüglichste Art zu behandeln, ein bloß beschreibendes Werk dennoch kein interessantes Werk ware? wenn also die ganze Gattung nicht verdiente, bearbeitet zu werden? Man hat dieß wirklich behaupten wollen; und es ist also der Mühe werth, daß wir es untersuchen.

Warum sollte also ein Werk, wie z. B. der „Frühling“ von Kleist, kein interessantes Werk feyn können? Weil die Fantasie allzu viel Arbeit hat, das zerstreute Einzelne in ein Ganzes zu fammeln? Das müßte der Fall in einigen einzelnen Beschreibungen seyn, die dann freylich verwerflich wären; mit dem ganzen Werke ist es sicher der Fall. nicht. Der Dichter denkt nicht daran, daß wir alle von ihm gehäufte Gemählde zusammen faffen, und die Idee des Frühlings dadurch erst heraus bringen sollen; eben so wenig, als 3 acharid verlangt, daß wir durch Verbindung des Verschiede nen, was jeder Gesang seiner „Tageszeiten“ enthält, uns von Morgen und Abend erst einen Be

griff machen sollen. Es find bekannte collective Ganzen, wovon die Dichter uns nur diesen und jenen Theil, der ihnen der Mühe vorzüglich werth scheint, näher vors Auge rücken. Oder find dergleichen Werke vielleicht deßwegen verwerflich, weil darin eine stillestehende todte Natur erscheint, die aller dings kein so großes Jutereffe, als die Natur in Bewegung, und die befeelte, erweckt? Diese Beschuldigung ist fürs erste falsch : denn wirklich hat das Beseelte und die Natur in Bewegung an dies fen Werken den größten Antheil; zu geschweigen, daß auch alle nicht in Action gesezte Charakter, Schilderungen beschreibende Gedichte find: und fürs zweyte litte dann doch der Tadel die Einschränkung, daß die beschreibende Gattung nur we niger intereffant, zwar der Bearbeitung nicht uns würdig, aber auch nicht vorzüglich würdig wäre.

So eingeschränkt, ist denn aber auch der Tas del, wie einem jeden seine eigene Empfindung sa gen wird, völlig richtig; nur scheint noch immer der Geschmack beffer empfunden, als der Scharf. finn entwickelt zu haben. Denn nicht nur Beschrei bungen aus der körperlichen; auch Gemählde aus der beseelten Natur, und nicht nur stillestehende, auch bewegliche Gemählde intereffiren weniger, als handelnde, lyrische, ja selbst als didactische Wer ke: voraus gesest nähmlich, daß alles Uebrige gleich ist. Wir sehen hieraus, daß wir die Sache aus der Natur des beschreibenden Gedichts überhaupt, aus dem allgemeinen unterscheidenden Charakter desselben, werden ausmachen müffen.

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Worin also besteht diefer Charakter? Schon im zweyten Hauptstücke haben wir ihn so angege b n: daß uns der beschreibende Dichter nur zeigt, was alles an einer Sache zu bemerken ist, was sich alles nach einander begibt. Wenn in dem Lehrges dichte die herrschende Ideen-Verbindung zwischen Grund und Folge; in dem handelnden Gedichte, zwischen Ursache und Wirkung, zwischen Absicht und Mittel ist: so ist dagegen in dem beschreibens den Gedichte die herrschende Verbindung die, daß Dinge fo beysammen sind, so auf einander folgen. Dort hat die Seele, wenn anders dem Werke nicht die gehörige Einheit fehlt, überall ein Ziel, wors auf sie zugrebt: immer entwickelt sich, die ganze deen-Reihe hindurch, eine Erwartung aus der ans dern; alle Krate find intereffirt und in Arbeit; die sämmtlichen vorhergehenden Eindrücke concentriren sich in jedem gegenwärtigen, und vorwärts fiht man, bald heller, bald dunkler, den legten Ausschlag der Sache: hier hingegen ist die Seele eine bloße Zuschauerinn, die sich weit mehr leidend verhält; jedes Bild, jeder Zug entlehnt von dem porhergehenden nur in fo fern mehr Kraft, als wir überhaupt für Eindrücke einer gewiffen Art schon mehr find geöffnet worden; es ist keine Erwartung, keine Vorsehung der Zukunft, kein fortstrebendes Inte resse da; und so erkaltet und ermüdet die Seele.

Mit einem Worte: der beschreibende Dichter verschafft uns nur das Vergnügen eines müßigen Spazierganges; der handelnde, das Vergnügen der Jagd. Jenes ermüdet weit eher und ist weit,

weniger werth, als dieses; aber darum ist doch jenes weder zu verachten, noch zu verbiethen. Dichter, wie Thomson und Kleist, sollen aus der Reihe vortrefflicher Dichter nicht ausgestoßen were den; nur müssen fie fich freylich mit einem niedris gern Range begnügen.

Es ist Zeit, daß wir, nach so viel theoretis schen Untersuchungen, uns mehr ans Practische halten. Die Regeln für die Beschreibung ergeben sich alle aus den obigen Betrachtungen, verbunden mit den allgemeinen Regeln, die im vorigen Haupte stücke entwickelt wurden. Wir dürfen sie also nur kurz und ohne Beweis hier zusammen fäffen.

Eine Beschreibung wird um desto vortrefflicher seyn, je richtiger alle angegebene Züge zusammen stimmen; in je einer natürlichern, faßlichern Ordnung fie erscheinen; je neuer ein jeder ist; je mehr sie alle die gehörige poetische Fülle haben, also je mehr man Züge, die einzeln angegeben zu dürftig, zu trocken seyn würden, und in je wenis zust ger Hauptzige sie zusammen drängt; je mehr man die fruchtbarsten, bedeutendsten ausliest, die vies les voraus segen und vieles zur Folge haben; je weniger man, mit ungerechtem Mißtrauen - in die Fantasie feiner Leser, ausmahlt; je mehr man den Gegenstand gerade von der Seite faßt, die der Endzweck erfordert, und alle müßige Nebenzüge die das Gemählde nur überladen würden, vermeis det; je m hr man das Wesentliche, Eigenthümliche, Individuellere, Merkwürdigere trifft; je mehr man in dem ganzen Tone Deutlichkeit, Kraft,

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