Sivut kuvina
PDF
ePub

mir täglich bekannter mache, obwohl ich dadurch weit mehr suche, gebessert, klüger, oder auch, zu Zeiten, aufge=: räumter, als sinnreich und dichterisch zu werden. Bey den Büchern, die ich, in verschiedenen Absichten, gelesen, find mir Gedanken eingefallen, die ich, jedoch zu felten, so wie einige Stellen, durch welche sie vielleicht veran= Laffet worden, mir aufgezeichnet, und, oft lange hernach, Der Poesie gewidmet habe. Mein Gedächtniß, ich will es gern gestehen, ist zuweilen zerstreut, eigensinnig, und, wie das Gedächtniß vieler, die wir kennen, etwas wetterläunisch. Oft leidet es unter der Bürde anderer Ge danken, die nichts weniger als poetisch oder critisch sind.

Die feurigste Einbildungskraft läuft Gefahr auszuschweifen: der sicherste Geschmack wählet oft zu willkührlich: der schönste Wig ist nicht selten betrüglich, wUO er nicht bloßerdings gefallen, sondern auch unterrichten foll. Auch ein Poet: muß oft eine Materie, die er nüks lich zu erörtern suchet, völlig erlernen, sie ganz, und niche, nach einigen Stücken, einsehen. Wenigstens kann er fich nicht immer dieser Mühe überheben. Wie will er fonst von ihr etwas mit Wahl lehren? Denn er ist nicht verbunden, davon alles, was er weiß, zu sagen.

Le fecret d'ennuïer eft celui de tout dire.

VOLTAIRE.

Nichts ist gewisser, als was Horaz anmerket, und die Erfahrung denen bekräftiget, die vor verständigen Lesern nicht zu seicht wollen erfunden werden:

cui lecta potenter erit res,

Nec facundia deferet hunc, nec lucidus ordo.

7 Un certo ebbe poco giudizio a lafciarfi ufcir di bocca a un gran Letterato noftro, che era foTito penfar molto, e bene, e fa

A. P. v. 40.

Rem viamente, quefto fecondo lui ameno detto: Jo fon Principe de' miei pensieri. Quel Letterato a Che Sudditi lui tofto rispose:

min

[ocr errors]

Rem tibi Socraticæ poterunt oftendere charte:
Verbaque provifam rem non invita fequentur.

V. 310, 311.

Wenn man Lehrgedichte schreiben, Wahrheiten oder Wahrscheinlichkeiten poetisch, und etwa so vortragen. will, wie ich einige, z. E. von der Glückseligkeit und von der Freundschaft, abgehandelt zu haben wünsche: so ist es, wie mich deucht, nicht genug, daß wir, in einer stila len, aufmerksamen und wiederholten Unterredung mit uns selbst, unsere eigenen Begriffe bestimmen. Ein Dichter macht nicht immer die beste Figur, wenn er das Ansehen haben will, daß er die Gesundheit und Stärke seiner Einfälle nur seinen Kräften zu danken hat, und sie gleichsam mit seinem eigenen Wiße nähret.” Es gereichet auch zu seinem Wachsthume und zu seiner Reife, daß er weiß, was vor ihm über die Lehren, die er entwirft, gedacht, und welche Bildung solchen Gedanken gegeben worden. Weil die Kunst zu gefallen von der Dichtkunst untrennbar seyn sollte; so ist er auch verpflichtet, in den anmuthigen Gefilden der Fabel, der Geschichte, der Erzählungen 2c. vieles kennen zu lernen, das seinen Unterricht angenehmer, lebhafter und poetischer machen kann. Ausser dem Vergnügen, dergestalt manches zu entdecken, das er sonst so wenig gefunden als ges sucht hätte, gewinnet er auch, in Ansehung einzelner Ge danken, den Vortheil, daß er keinen bekannten, und durch häufige Wiederhohlungen gleichsam ermüdeten und entkråfteten, annimmt. Wenn er aber einen unvèralteten Gedanken, der ihm besonders schön ist, mit dem feinigen glücklich verknüpfet; so kann er alsdann die Quelle selbst anzeigen, mithin einent solchen Vorwurfe,

minebioni voi avete e lo diffe colla frase popolare. v. Annorazione 29, alla Satira VI, del Se

wię

nator JACOPO SOLDANI, Patris zio Fiorentino. (In Firenze, 1751.) p. 179.

wie Mnemon so gar einem Pope machen darf, klüglich zuvor kommen, und den leser sogleich in den Stand sehen, zu entscheiden, ob er von seinem Originale, oder dieses von ihm, übertroffen worden. Das aufrichtigste Bekenntniß von dieser Art beschämet keinen Poeten, der sonst dieses Namens würdig ist. "

8

Die berühmte Königinn Christina sagt in ihren Marimen: La Lecture eft une partie des devoirs d'un honnête-homme. Weit mehr gehöret diese Verbindlichkeit zu den Pflichten eines Schriftstellers, der selbst will gelesen werden. Mir ist sie unvergeßlich, so oft ich etwas schreibe, das ich dem Drucke bestimme, und weil ich von der Treue eines zu veränderlichen Gedächtnisses nicht versichert bin, so sammle ich mir zuweilen Nachrichten, die zu meiner nachherigen Wahl und Einrichtung des Ganzen dienen. Aus diesen kleinen Nachrichten, die ich sehr unvollständig, und nur für mich selbst entwerfe, ist folgends der kleine Commentarius, ich weiß kaum wie, erwachsen. Sie waren nun einmal vorhanden: ich hatte Gelegenheit gehabt, daraus verschiedenes zu beantworten: endlich veranlassete mich das Anrathen erfahrner Freunde, sie nicht zu unterdrucken, und ohne Bedenken unter meine Gedichte zu seßen.

Diese gerathen, mit allen ihren Anmerkungen, Ge lehrten und Unstudirten in die Hände. Jenen kann es, über

8 Sollte La Fontaine von dem Rubme seiner Erfindungen und poetischen Verdienste bey vernünftigen Männern etwas verlohren haben, wenn er z. E. zu der Fabel pom Löwen und der Mücke, das wente Buch des Achilles Tas tius: zu der von den Gliedern und dem Magen, das zwente Buch des Livius: zu der vom verliebten Löwen, das neunzehn te des sicilianischen Diodors;

zu der schönen Erzchlung vom Bauer vom Ufer der Donau, das 31te und 32te Capitel des Lebens des Marcus Aurelius Antoninus, so wie es Guevara romanisch bes schrieben, und überhaupt die alten und neuern Originale seiner Fas beln und Erzählungen jedesmal benannt, oder etwa ben einer ges wissen Stelle im Calendrier des Vieillards, diefe,wo nicht mehr das

bin

überhaupt, nicht misfallen, daß sie gewisse Zeilen von dem Verfasser selbst erklärt finden. Seine Absicht ist nicht so stolz, sie, von denen er lernet, zu unterweisen, sondern nur mehrern verständlich zu werden; vor ihnen aber, als Richtern, die Richtigkeit solcher Zeilen, aus den Stellen und Beweisen, die er vor Augen gehabt, zu bewähren, damit man ihn nicht aus andern beurtheile, welche besser oder schlechter seyn können, als die ange führten, in der That aber von einer andern Abkunft sind, und mit diesen nur eine Aehnlichkeit haben: wie ich mich denn erinnere, daß ein angesehener Criticus einem unserer Poeten, der weder homerisch war, noch es seyn wollte, auch diesen Bater der Dichter in ganzen Jahren nicht zu lesen pflegte, augenscheinliche Nachahmungen aus demselben zu zeigen wußte. Aber die Scribenten unter den Gelehrten sind gewiß nicht diejenigen, die meine Noten verrufen werden. Sie selbst gehen einem Anmerker mit öftern Erempeln vor. Sie selbst haben die löbliche Gewohnheit, wie das unstreitige Recht, den Tert ihrer wichtigen Schriften selbst zu erörtern. Kein Baufüchtiger hat eine so große Freude, indem er zu feinem Hause einen neuen Flügel aufführet, als ein würdi ges Mitglied der pographischen Gesellschaft empfindet, wann er seinen Schriften einen neuen Band oder ge= raume Anmerkungen, die fast so viel ausmachen, eigen

bin gehörige, Verse aus dem viers tent Buche des Lucrez angeführt hatte?

Eximia vefte & victu convi

via, ludi,

Pocula crebra, unguenta, coronæ, ferta parantur, Nequidquam: quoniam medio de fonte leporum Surgit amari aliquid, quod in ipfis floribus angat.

håndig

Das angeführte Buch des Gues vara kenne ich nur aus der wels schen Uebersegung, die zuVenedia, im Jahre 1546, herausgekommen ist. Man hat solches mit einem Anbange seltsamer, diesem pbilos forhischen Regenten angedichteter Briefe dereichert, unter welchen ein kaiserl. Schreiben à le Corrigiane di Roma, und andere an Foemia, Macrina und Livia, seine Geliebten, befindlich sind.

händig anbauet. Gelehrte Leser, auch die vernünftigsten, verlangen keine verfus inopes rerum, über welche nichts anzumerken stünde. Sie erfordern mehr in Ge= dichten, als ein ungekränktes Sylbenmaaß, einen wohlklingenden Reim und zierlichen Ausdruck. Uebrigens geHören auch sie zu den Menschen, die der Sachen, die sie wissen, sich nicht zu allen Zeiten erinnern. Die Kleinig Feiten aber, die oft für mich, auf einige Augenblicke es zu feyn aufhören, verdienen nicht ihre philosophische Aufmerksamkeit. Sie haben die Ehre, dergleichen nicht zu kennen: selbst den Doctor Peter Rezio von Aguero aus Tirteafuera nicht; noch den Francesco Arigoni aus Padua; auch kennen nicht alle Gelehrte den Condor, noch die Faullenzerinnen unter den Fliegen, deren ich in dem Gedichte von der Freundschaft erwähne: am wenigsten das Cadenas, und die Papefiguiers; des Retters, des Marcolphs unter den Vögeln, und anderer Wörter zu geschweigen, die zur Jågeren gehören, und in einigen meiner Fabeln vorkommen. Ich habe mir die Freyheit erlaubt, ihnen dieses kürzlich auszulegen; und sie werden verzeihen, daß ich zu der Zeile:

Lebendige Pantins von lächerlichen Gaben;

ihnen die Definition der Pantins noch schuldig bin. Sind also meine Anmerkungen den Gelehrten nicht immer überflüßig; so sind sie, insonderheit in Ansehung der Lehrgedichte, für Unstudirte, die doch gerne lernen, oft kaum entbehrlich. Diesen nicht weniger zu gefallen, als einigermaßen nüßlich zu seyn, habe ich verschiede nes in meinen Anmerkungen angeführt, das zwar nicht von der größesten Erheblichkeit, aber einigen Lesern neu, und den meisten bey der Stelle, wo sie es finden, schwerlich unangenehm ist. Alle billige Leser werden hoffent lich genehm halten, daß ich, zu meinem Schuhe, gewisse

Anmer

"

2

« EdellinenJatka »