Sivut kuvina
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Sprengt Schlösser auf, kann Wall und Burg ersteigen,
Wiegt Wächter ein, macht Knecht und Mägde schweigen,
Und wiederum, schnell wie das Spiel sich dreht,
Den Knecht, die Magd verführerisch beredt.

Nichts lockt so sehr von allem, was wir kennen;
Nichts auf der Welt ist freundlicher zu nennen.
Avidien! dir lacht in der Natur

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Nichts, als das Geld: sonst alles lächelt nur.
Nichts gleicht, für dich, an Liebreiz, und an Freude,
Dem Sonnenerzt, der besten Augenweide.
Doch Friederich war kein Avidien:
Nur Silvia war ihm auf Erden schön.
Er hielte sich glückselig im Verschwenden,
Für Silvien auch alles aufzuwenden.
Allein umsonst, wie viel er auch erfand;
Ein trockner Kuß auf Handschuh oder Hand,
Ein kurzer Dank, womit sie ihn beehrte,

Der ihren Stolz durch Pracht, und Knechtschaft mehrte,
Ein karges Lob, ein feltner Seitenblick,

Das war sein Lohn, das war sein ganzes Glück.

So ward er arm, weit früher, als er dachte,
Weil er noch stets aus Hufen Barschaft machte.
Dieß Rittergut und jentes Marquisat
Versilberten noch immer seinen Staat;
Doch nur ein Jahr. Anselmo, sein Verwalter,
Ist insgeheim sein jüdischer Erhalter,
Kauft einen Hof; baar, doch für halbes Geld,
Zu diesem Hof ein großes Ackerfeld,
Zu diesem Feld ein Vorwerk, und die Pflege,
Die Fischeren, die Jagd, und das Gehåge,
Und, weil Pandolf, ein Wechsler, Vorschuß thut,
Zum vorigen das Schloß, das Rittergut,

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Der Erbschaft Kern. Sein Herr läßt sich betrügen,
Und jedes Gut in fremde Hånde fliegen.

Die Lieb ist schlau; allein sie rechnet schlecht,
Und gegen sich ist sie oft ungerecht.

Sie fammlet nicht. Die milde Kunst zu lieben
Gleicht nie der Kunst, die Xenophon beschrieben.s
Dem Friederich verblieb nur dreyerley :
Ein Pferd, ein Falk, und eine Meyerey.
Sonst hatt er nichts, als taube, falsche Freunde.
Die Freunde gieb, o Himmel, meinem Feinde!
Doch, Himmel, nein! so hab ich nie gehasst,
Und diesen Fluch hat nicht mein Herz verfasst.
Kein einziger war willig, ihm zu dienen.
Sie ließen ihn, als einen Baum, vergrünen,
Der Schatten gab, dem man noch helfen kann:
Ihm half man nicht, ihn sah man nicht mehr an.
Ein Tischfreund sprach: Er ist recht zu beklagen;
Der andre: Ja! das wollt ich eben sagen.
Der dritte schwieg; und jeglicher vergaß,
Was er zuvor allein in ihm besaß,

Der, wenn er nur der Freunde Mangel wußte,
Voll Ungeduld, ihn hülfreich heben mußte,
Der jeder Kunst, der Tonkunst, Poesie
Und Mahlerey, weit mehr als Lob verlieh,
Und Silvien, zum Vortheil vieler Leute,
Turniere, Ball und Lustbarkeiten weihte.
Wie hätten sonst Stand, Jugend, Aufwand, Pracht
Ihm in Florenz die Schönen hold gemacht!
Sie gönnten nicht der Silvien ihr Glücke.
Der Wink zur Luft, die Sprache schlauer Blicke,
Der Seufzer Ruf, der schmeichelhafte Scherz
Verfolgten ihn, und buhlten um sein Herz.
Doch ward sein Herz von keinem Reiz bemeistert;
Es ward allein von Silvien begeistert.
Was er gedacht, empfand, und hört, und sah,
Und sprach, und schrieb, ward alles Silvia..
In diesem Wahn und eingenommnen Sinnen
Sah er sein Gut, wie lockern Schnee, zerrinnen,

5 Die Haushaltungskunst.

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Der sternend glänzt, das Auge blendend ruhrt,
Doch allgemach in Tropfen sich verliert.
So mußt er bald der schönen Marquisaten,
Die er besaß, bey neuer Noth, entrathen,
Und, weil die Reih auch bald die Grafschaft traf,
So floh die nach; nun war er nicht mehr Graf.
Wie krankt' ihn das! die Wollust stolzer Ohren,
Des Namens Schmuck, der Titel gieng verlohren.

In Frankreich ist Marquis von hohem Ton,
In Welschland Graf, und anderswo Baron.
So heißt man gern: auch lernet diese Namen
Manch Bürgerkind, auf Reisen, nachzuahmen;
Daher ihm auch die Wirthinn und der Wirth
Gehorsamst dient, und, sich zum Vortheil, irrt.

Der Silvia Gemahl, und Herr, und Hüter
Hatt um Florenz viel angestammte Güter,
War reich und groß; und Friedrichs Göttinn nahm
Nichts von ihm an, wenn er zu opfern kam.
Es war ihr Herz zu edel, zu erhaben.
Sie duldete den Geber, nicht die Gaben,
Und stellt ihm nur den steten Aufwand fren,
Den öftern Ball, die Sftre Mummerey,
Das Ritterspiel, das rauschende Gepränge,
Der Ehrenmahl' und Freudenfeste Menge,
Womit er ihr Gebuhrts- und Namenstag,
Und manchen mehr, stolz zu verschönern pflag.
Doch auch kein Kuß vergnügte seine Triebe.
Er ist, und bleibt ein Märtyrer der Liebe.
Die Hoffnung selbst versüßt nicht sein Bemühn.
Er muß nunmehr die Meyerey beziehn.

Er muß die Stadt, den Sih gewohnter Freuden,
Er muß auch sie, die er vergöttert, meiden.
Betrübter Trost, daß ihn ein Dach versteckt.
Ein Dach von Rohr, das halb sein Haus bedeckt,
Das wüste Haus, wo in der Mauer Rihen
Ein Marder wirft, und Kauz und Eule fißen,
Und Licht und Tag, grausamer als die Nacht,
An jeder Wand nur Elend sichtbar macht!

Hier

Hier wohnt er nun; beschämt, daß seine Trene
Sein Unglück ist; doch immer ohne Reue.
Er flagt nur sich, nur sein Verhängniß an,
Daß Silvia ihn nimmer lieb gewann.
Er klaget nur, daß er so ftolz gewesen,
Zur Schönen sich die Schönste zu erlesen.
Er hatte hier, im öden Aufenthalt,
Ein greises Weib von widriger Gestalt,

Bon tragem Dienst, voll Husten, Gicht und Jammer:
Die Küche glich der leeren Speisekammer.
Im alten Stall stund traurig und allein

Ein gutes Pferd, doch nicht von Knochen fein,
Und unterm Dach saß einsam auf der Stange,
Sein edler Falk. Dem war im Hühnerfange
Kein andrer gleich. Mit dem vitt er ins Land,
Und opferte dem Gram, den er empfand,
Manch Rebhuhn auf, als ob es büßen sollte,
Daß Silvia ihn nicht erhören wollte.
So lebte hier der gute Friederich,

Durch eigne Schuld, verlassen, kümmerlich,
Und stets verliebt. Der Unmuth, der ihn plagte,
Stieg mit zu Pferd, und trieb ihn, wann er jagte.
Sein zärtlich Herz war seine größte Qual.
Indessen starb der Silvia Gemahl,
Und hinterließ nur einen Sohn zum Erben,
Ein schwaches Kind, und, sollte der versterben,
So hatt er sie im Testament bedacht,
Und diesem Söhn zur Erbinn sie gemacht.

Sie wollte nun, geruhiger zu leben,

Sich auf das Land, und in ein Schloß begeben,
(Von Friedrichs Hof lag es fünf hundert Schritt)
Und nahm dahin den kleinen Junker mit.
Dort wird er krank. Was sie erleiden müssen,
Da Arzt und Tod ihr ihren Herrn entrissen,
Traf nicht so sehr ihr eheliches Herz,

Als dieses Weh, und ihres Söhnchens Schmerz.
Den ganzen Tag siht sie vor seinem Bette,
Und forscht, und fragt, was er doch gerne hätte,
Ob dieß? ob das? was ihrem Kleinen fehlt?
Was er zur Luft, was er zur Speise wählt? -

Sie will sich gern nach seinem Sinn bequemen.
Er wegert sich, was sie ihm giebt, zu nehmen.
Er weist es ab, schreyt, lärmt, ist nimmer still.
Nur jener Falk ist, was er haben will.

Sonst will er nichts. Seit dem man ihm erzehlet,
Daß dieser Falk noch nie den Raub verfehlet,
Daß er so scharf von Aug und Klauen sey,
Sonst lustig, zahm, nicht falsch, nicht menschenscheu :
Seit solcher Zeit war es einmal geschehen,
Daß er ihn selbst, und seinen Herrn gesehen,
Der dieses Kind an seinen Busen drückt,
Und einen Kuß, durch ihn, der Mutter schickt.
Den Falken nun, den will er, und sonst keinen.
Sonst ruht er nicht: sonst kann er nichts, als' weinen.
Die Mutter seufzt. Sie wußte freylich wol,
Wie sehr man oft den Kindern fugen soll.
Doch kann sie sich, ja darf sie sich entschließen,
Den Friederich um etwas zu begrüßen,
Das ihn vielleicht oft vor dem Hunger schüßt,
Das einzige, das er zur Jagd besißt,
Das einzige, was ihm das Glück gelassen ?
Hat er nicht Recht, nunmehro mich zu hassen?
Erwies ich ihm, als er sich mir geweiht,
Nur mich verehrt, die mindste Dankbarkeit ?
Wie kann ich nun ihm unter Augen gehen?
Wie, unbeschämt, um seinen Falken flehen?
Ich, deren Stolz ihn in sein Elend stürzt,
Ihn, dessen Noth gewiß sein Leben kürzt!
Doch kann mein Sohn nicht sterben, und nicht leben.
Ich soll, ich muß ihm diesen Falken geben.
Wie qualt er sich! Er schlummert keine Nacht,
Als bis man ihm zum Falken Hoffnung macht.
Es sey gewagt! mein Freund läßt sich erbitten;
Ich kenne ja sein Herz, und seine Sitten.

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