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Wo hat's denn aber gefehlt, daß sein Gebet von Gott verworfen worden ist? Die Hoffart war es, die seine guten Werke verdorben und zu Nichts gemacht hat! Die Hoffart hat sich an seine guten Werke angehängt, wie der Koth an die Wagenräder, die dann nicht mehr umgehen, sondern stecken bleiben. Die Hoffart war der Schauer und Reif, der die Früchte seiner Tugenden verdorben und verbrannt hat. Die Hoffart ist der Wurm gewesen, der die guten Werke des Betens und Fastens inwendig angegriffen, durchlöchert und zerfressen hat. Dieser Pharisäer war halt Einer von denen, welche, wie es am Anfang unsers heutigen Evangeliums heißt, auf sich selbst vertrauten, als wären sie gerecht und deßwegen Andre verachteten. Er sagte: „Ich danke dir, o Gott! daß ich nicht bin wie die andern Leute." Hätte er doch gesagt: „wie einige Leute"; aber die andern Leute sind ja alle Leute. Er machte also alle Leute schlecht, und nur er allein wollte gerecht sein. Was ist aber das für eine Hoffart? Merkt euch das, meine Christen! der Pharisäer wurde von Gott verworfen, weil er sich wegen seiner guten Werke ge= rühmt hatte. Was wird erst denen geschehen, die sich ihrer bösen Werke wegen rühmen? Die sich nicht mit Beten und Fasten rühmen, sondern mit Hochmuth und Unzucht, mit Schelten und Fluchen, oder mit andern Sünden und Lastern prahlen? Nun

wollen wir aber auch das Gebet des Zöllners betrachten.

2.

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Wenn der Publikan oder Zöllner im heutigen Evangelium gelobt wird, so wird er nicht als Sünder, sondern als Büßer gelobt. Was wird denn aber an ihm gelobt? Seine Demuth, seine Buße. „Der Zöllner stand von Ferne und getraute sich nicht, seine Augen gen Himmel zu erheben, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig!" Wegen dieser demüthigen Buße oder wegen dieser bußfertigen Demuth sagt Jesus im heutigen Evangelium:,,Dieser ging vor Jenem gerechtfertigt nach Hause." Kurz, dem Pharisäer halfen seine guten Werke nichts wegen seiner Hoffart; aber dem Zöllner ließ Gott seine Sünden nach wegen seiner Demuth. Deßwegen sezte Jesus im heutigen Evangelium auch noch hinzu: „Wer sich selbst erhöhet, wird erniedriget, und wer sich selbst erniedriget, der wird erhöhet werden." So sehr ich euch warne, meine Christen! euch vor der Hoffart des Pharisäers zu hüten, so sehr bitte ich Alle, der Demuth des Publikans nachzufolgen. Oder, wer sind wir denn? Wir wollen uns doch nicht für gerecht halten, wie der Pharisäer; wir wollen bekennen, daß wir Sünder sind, wie der Publikan. Sind wir aber dem

Publikan im Sündigen nachgefolgt, so wollen wir ihm auch in der Buße nachfolgen, damit wir, wie er, bei Gott Gnade finden.

Der Publikan getraute sich nicht einmal, die Augen aufzuheben, sondern schlug an seine Brust. Dadurch bekannte er, daß er Schläge und die Strafe Gottes verdient habe. Er schlug an seine eigne Brust, weil er sich selbst die Schuld beilegte, und nicht Andre beschuldigen wollte. Christen! wenn wir in der h. Messe, oder beim h. Segen, oder nach der offnen Schuld an die Brust schlagen, so wollen wir es allzeit thun im Geist des Zöllners, des öffentlichen Sünders; wir wollen nicht Andre, sondern uns selbst anklagen und mit dem Priester im Confiteor sprechen: „Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa, d. i.: Meine Schuld, meine Schuld, meine größte Schuld ist Alles, was ich gesündiget habe." Der Publikan sprach: Gott sei mir Sünder gnädig!" Seht, der Publikan redet mit Gott und nicht mit sich selbst, wie der Pharisäer. Der Publikan redet mit Gott und nicht mit den Menschen, wie der Pharisäer und auch so Manche von uns, die so gern in der Kirche schwägen, und lieber einer Plauderei als Gott die Ehre geben. Der Publikan spricht: Gott sei mir Sünder gnädig!" als wollte er sagen: „O Gott, geh nicht in's Gericht mit mir, denn vor deinem Angesicht wird kein Mensch

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gerecht befunden werden. Ich begehre keine Gerechtigkeit; ich bitte nur um Barmherzigkeit; denn ich habe mich keiner guten Werke zu rühmen, sondern ich bin nur ein Sünder; ich habe gesündigt, verzeihe mir, es reut mich von Herzen; ich will nicht mehr sündigen." Also, meine Christen! wollen auch wir nicht unsre guten Werke, wie der Pharisäer, sondern unsre Sünden zählen, wie der Publikan, und über dieselben täglich Reue und Leid erwecken. Das sei für uns ein beständiges Sprüchwort: „Gott sei mir Sünder gnädig!"

Ueberhaupt haben wir uns aus dem heutigen Evangelium kurz zu merken, daß wir nie hoffärtig sein und Andre nicht verachten, wie der Pharisäer, sondern demüthig sein und für unsre Sünden mit zerknirschtem Herzen um Gottes Gnade bitten sollen, wie der Publikan. Dieß wollte uns Jesus durch das heutige Evangelium lehren. Darum sagte er auch am Ende desselben: „Wer sich selbst erniedriget, wird erhöhet werden!" Amen.

Frühlehre auf den eilften Sonntag nach
Pfingsten.

Wie es unter guten Nachbarn zugehen soll.

,,Da führte man ihm einen Tauben vor, welcher auch stumm Marc. 7, 32.

war."

Die Leute, welche im heutigen Evangelium den Taubstummen zu Jesus hingeführt haben, sind seine Nachbarn gewesen. So geschieht es auch heut zu Tag noch manchmal, daß, wenn ein Kranker zum Doktor oder Bader gebracht werden muß, sich Nachbarn dazu anbieten, oder wenigstens sich bereit dazu finden lassen, wenn man sie um einen solchen Nachbarsdienst anspricht. Das heutige Evangelium gibt mir also die schönste Gelegenheit, euch, meine Christen! ganz kurz zu zeigen: „Was zu guten Nachbarn erfodert wird." Gute Nachbarn find solche, die

1. einander lieben und ein gutes Zutrauen zu einander haben,

2. verträglich mit einander leben und gegen einander ehrlich sind.

Seht hier, meine Christen! den Inhalt und die Abtheilung meiner heutigen Frühlehre. Ich beginne sogleich im allerheiligsten Namen Jesu. Seid bereit!

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