Sivut kuvina
PDF
ePub

den der Hellenen sollte zunächst ein Dichter bilden. Darin liegt das Eigenthümliche dieses Volkes, das selbst bei seiner Ausartung nicht zu vertilgen war. Als später auch unter ihm Gesezgeber und Weise entstanden, war sein Werk schon gethan; und auch diese huldigten dem überlegenen Genius. Er hatte seiner Nation den Spiegel aufgestellt, in dem sie die Welt der Götter und Helden wie der schwachen Sterblichen erblicken, immer gleich wahr und rein erblicken sollte. Auf die ersten Gefühle der menschlichen Natur sind seine Lieder gebaut. Auf die Liebe des Sohnes, der Gattinn, des Vaterlandes, auf die Alles überwiegende Liebe zum Ruhme. Aus einer Brust, die rein menschlich fühlte, flossen feine Gefänge; darum strömen sie und werden sie stromen in jede Brust, die menschlich fühlt. Unsterblicher ! wenn es dir vergönnt ist, aus einem andern Elysium, als du hier es ahndetest, auf dein Geschlecht hienieden herabzublicken, wenn du die Völker von Asiens Gefilden bis zu den hercynischen Wåldern zu dem Quelle wallfahrten siehst, den dein Wunderstab hervorströmen hieß; wenn es dir vergönnt ist, die ganze Saat des Großen, des Edlen, des Herrlichen zu überschauen, das Deine Lieder hervorriefen ;—Unsterblicher! wo auch dein hoher Schatten jezt weilt, -bedarf er mehr zu seiner Seligkeit ?

9.-Königinn Christine von Schweden.

Nach dem Tode Gustav Adolfs war auch in Schweden, wie 1619 in Desterreich, 1640 in Portugal, und in dieser Epoche an so vielen andern Orten einen Augenblick die Rede davon, ob man sich nicht von der königlichen Gewalt frei machen und als Republik feststellen solle.

Nun ward dieser Antrag zwar verworfen; man huldigte der Tochter des verstorbenen Königs; aber daß dies ein Kind von sechs Jahren war, daß es Niemand von königlichem Geschlechte gab, der die Zügel håtte ergreifen können, bewirkte doch, daß die Gewalt in die Hånde einiger Wenigen kam. Die antimonarchischen

Tendenzen jener Zeit fanden in Schweden Anklang und Billigung: schon das Verfahren des langen Parlamentes in England, noch viel mehr aber die Bewegungen der Fronde, da sie um so viel entschiedener aristokratisch waren. "Ich bemerke wohl," sagte Christine einstmals selbst in dem Senate,,, man wünscht hier, daß Schweden ein Wahlreich oder eine Aristokratie werde."

Diese junge Fürstinn aber war nicht gemeint, die königliche Gewalt verfallen zu lassen: sie strengte sich an, in vollem Sinne Į des Worts Königinn zu sein. Von dem Augenblicke an, da sie die Regierung selbst antrat, im Jahre 1644, widmete sie sich den Geschäften mit einem bewunderungswürdigen Eifer. Niemals håtte sie eine Senatssigung3 versäumt: wir finden, daß sie mit dem Fieber geplagt ist, daß sie zur Ader gelassen hat: sie besucht die Sigung dessenungeachtet. Sie versäumt nicht, sich auf das beste vorzubereiten; Deduktionen, viele Bogen lang, liest sie durch und macht sich ihren Inhalt zu eigen: Abends vor dem Einschlafen, früh beim Erwachen überlegt sie die streitigen Punkte. Mit großer Geschicklichkeit versteht sie dann die Frage vorzulegen: sie läßt nicht bemerken, auf welche Seite sie sich neigt: nachdem fie alle Mitglieder gehört hat, sagt auch sie ihre Meinung, die sich immer wohlbegründet findet, die man in der Regel beliebt.* Die fremden Gesandten sind verwundert, welche Gewalt sie sich in dem Senat zu verschaffen weiß, obwohl sie selbst damit niemals zufrieden war. An einem Ereigniß von so universalhistorischer Bedeutung, wie der Abschluß des westphälischen Friedens war, hatte sie persönlich vielen Antheil. Die Offiziere der Armee, selbst der eine von ihren Gesandten am Congreß, waren nicht dafür: auch in Schweden gab es Leute, welche die Zugeständnisse, die man den Katholiken besonders für die österreichischen Erblande machte, nicht billigten: aber sie wollte das Glück nicht immer aufs neue herausfordern: niemals war Schweden so glorreich, so 3 An assembly

1 Minded, willing. of the senate.

2 Would she have.
Approves of, adopts.

mächtig gewesen: fie sah eine Befriedigung ihres Selbstgefühls darin, daß sie diesen Zustand befestige, daß sie der Christenheit die Ruhe wieder gebe.

Hielt sie nun selbst die Eigenmacht der Aristokratie nach Kråften nieder, so sollte sich diese eben so wenig schmeicheln dürfen, etwa in Zukunft zu ihrem Ziele zu gelangen: so jung sie auch noch war, so brachte sie doch sehr bald die Succession ihres Vetters, des Pfalzgrafen Karl Gustav, in Vorschlag. Sie meint, der Prinz habe das nicht zu hoffen gewagt: sie allein habe es durchgesezt, wider den Willen des Senates, der es nicht einmal habe in Ueberlegung nehmen wollen, wider den Willen der Stände, die nur aus Rücksicht auf sie darein gewilligt: in der That, es war ganz ihr Gedanke, und allen Schwierigkeiten zum Troße führte fie ihn aus. Die Succession ward unwiderruflich festgesezt.

Doppelt merkwürdig ist es nun, daß sie bei diesem Eifer für die Geschäfte zugleich den Studien mit einer Art von Leidenschaft oblag. Noch in den Jahren der Kindheit war ihr nichts ange= nehmer gewesen als die Lehrstunde. Es mochte daher kommen, daß sie bei ihrer Mutter wohnte, die sich ganz dem Schmerze über ihren Gemahl hingab; mit Ungeduld erwartete sie täglich den Augenblick, wo sie aus diesen dunkeln Gemächern der Trauer erlöst würde. Aber sie besaß auch, besonders für die Sprachen, ein außerordentliches Talent; sie erzählt, daß sie die meisten eigentlich ohne Lehrer gelernt habe; was um so mehr sagen will, da sie es wirklich in einigen bis zur Fertigkeit eines Eingebornen gebracht hat. Wie sie aufwuchs, ward sie immer mehr von dem Reize ergriffen, der in der Literatur liegt. Es war die Epoche, in welcher sich die Gelehrsamkeit allmålig von den Fesseln der theologischen Streitigkeiten ablöste, in welcher sich über beide Parteien hin allgemein anerkannte Reputationen erhoben. Sie hatte den Ehrgeiz, berühmte Leute an sich zu ziehen, ihres Unterrichtes zu genießen. Zuerst kamen einige deutsche Philologen und Historiker, z. B. Freinsheim, auf dessen Bitten sie seiner Vaterstadt

ulm den größten Theil der ihr auferlegten Kriegscontribution erließ; dann folgten Niederlånder: Isaak Vossius brachte das Studium des Griechischen in Schwung; sie bemächtigte sich in kurzem der wichtigsten alten Autoren, und selbst die Kirchenvåter blieben ihr nicht fremd. Nicolaus Heinsius rühmt es einmal als sein erstes Glück, daß er zur Zeit der Königinn geboren, als das zweite, daß er ihr bekannt geworden sei, als das dritte und vornehmste wünscht er sich, daß die Nachwelt erfahre, er habe ihr nicht ganz mißfallen. Sie brauchte ihn vornehmlich, um ihr kostbare Handschriften, seltene Bücher aus Italien zu verschaffen, was er mit Gewissenhaftigkeit und Glück vollzog. Schon beklag= ten sich die Italiener: man belade Schiffe mit den Spolien ihrer Bibliotheken: man entführe ihnen die Hülfsmittel der Gelehrsamkeit nach dem äußersten Norden. Im Jahre 1650 erschien Salmafius: die Königinn hatte ihm sagen lassen: komme er nicht zu ihr, so werde sie genöthigt sein, zu ihm zu kommen: ein Jahr lang wohnte er in ihrem Palaste. Endlich ward auch Cartesius bewogen, sich zu ihr zu begeben: alle Morgen um fünf hatte er die Ehre, sie in ihrer Bibliothek zu sehen: man behauptet, sie habe seine Ideen, ihm selbst zu Verwunderung, aus dem Plato abzuleiten gewußt. Es ist gewiß, daß sie in ihren Conferenzen mit den Gelehrten, wie in ihren Besprechungen mit dem Senate, die Ueberlegenheit des glücklichsten Gedächtnisses und einer raschen Auffassung und Penetration zeigte. "Ihr Geist ist höchst außer= ordentlich,“ ruft Naudåus mit Erstaunen aus: „sie hat alles gesehen, alles gelesen, sie weiß alles."

Wunderbare Hervorbringung der Natur und des Glücks! Ein junges Fräulein, frei von aller Eitelkeit: sie sucht es nicht zu verbergen, daß sie die eine Schulter hdher hat als die andere: man hat ihr gesagt, ihre Schönheit bestehe besonders in ihrem reichen Haupthaar, sie wendet auch nicht die gewöhnlichste Sorgfalt darauf; jede kleine Sorge des Lebens ist ihr fremd: sie hat sich niemals um ihre Tafel bekümmert, sie hat nie über eine Speise

[ocr errors]

geklagt, sie trinkt nichts als Wasser; auch eine weibliche Arbeit hat sie nie begriffen:—dagegen macht es ihr Vergnügen, zu hören, daß man sie bei ihrer Geburt für einen Knaben genommen, daß sie in der frühesten Kindheit beim Abfeuern des Geschüßes statt zu erschrecken in die Hånde geklatscht, und sich als ein rechtes Soldatenkind ausgewiesen habe; auf das kühnste sigt sie zu Pferde, Einen Fuß im Bügel, so fliegt sie dahin: auf der Jagd weiß sie das Wild mit dem ersten Schuß zu erlegen;-sie studirt Tacitus und Plato, und faßt diese Autoren zuweilen selbst besser als Philologen von Profession; - so jung sie ist, so versteht sie, sich auch in Staatsgeschäften selbstständig eine treffende Meinung zu bilden, und sie unter den in Welterfahrung ergrauten Senatoren durchzufechten; sie wirft den frischen Muth eines angebornen Scharfsinns in die Arbeit; vor allem ist sie von der hohen Bedeutung durchdrungen, die ihr ihre Herkunft gebe, von der Nothwendigkeit der Selbstregierung: keinen Gesandten håtte sie an ihre Minister gewiesen: sie will nicht dulden, daß einer ihrer Unterthanen einen auswärtigen Orden trage, wie sie sagt, daß ein Mitglied ihrer Heerde von einer fremden Hand sich bezeichnen lasse: sie weiß eine Haltung anzunehmen, vor welcher die Generale verstummen, welche Deutsch= land erbeben gemacht: wäre ein neuer Krieg ausgebrochen, so würde sie sich unfehlbar an die Spiße ihrer Truppen gestellt haben.

Bei dieser Gesinnung und vorwaltenden Stimmung war ihr schon der Gedanke unerträglich, sich zu verheirathen, einem Manne Rechte an ihre Person zu geben; der Verpflichtung hiezu, die fie gegen ihr Land haben konnte, glaubt sie durch die Festsegung der Succession überhoben zu sein; nachdem sie gekrönt ist, erklärt sie, sie würde eher sterben als sich vermählen.

Sollte aber wohl ein Zustand dieser Art überhaupt behauptet werden können? Er hat etwas Gespanntes, es fehlt ihm das

Should it however be possible, that one could persevere in such a condition altogether?

« EdellinenJatka »