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in Flandern hielt er demselben in Namur bei Tisch eine Loberede, indem er das Glas erhob, und in die tiefe Betrachtung ausbrach: "Ist es nicht Jammerschade, daß man gegen ein Volk muß Krieg führen, das einen so herrlichen Trank braut? Man sollte denken, das müßten die allerbesten Menschen sein, aber o Gott, o Gott!" Nichts war merkwürdiger, als wenn er von seinen Kriegsereignissen erzählte. Um liebsten sprach er, wie schon bemerkt, von den Vorfållen in Schlesien, von dem Gefechte bei Hainau, und besonders von der Schlacht an der Kaßbach; wenn er die einzelnen Umstånde lebendig und anmuthig vortrug, glaubte man darauf schwören zu müssen, daß die Sachen so gewesen, wie er sie darstellte, und doch war alles falsch. Seine Einbildungskraft hielt ihm Lieblingsbilder vor, wie die Sache håtte sein können, und am meisten nach seinem Sinne würde gewesen sein, und diesen folgte er dann unbedenklich. Die größten Feldherren, auch Friedrich der Große sagt man, waren von dieser Uebertragung nicht frei, daß sie die Macht, mit welcher sie auf die Ereignisse selbst wirkten, auch spåterhin auf die Erzählung davon1 zuweilen ausdehnten.

Wenn er eigentliche Reden hielt, wozu er besonders in den legteren Zeiten, durch so manchen glänzenden Erfolg aufgemuntert, gern die Gelegenheit nahm, so ging seine Ausdrucksweise nicht sowohl auf gedrungene Stårke, als vielmehr auf behagliche Breite, auf allen Gemeinplågen der Ansichten und Empfindungen verkehrend,2 ja auch Rührungsmotive,3 die einst so allgemein an der Zeit waren, nicht verschmåhend, und nur hin und wieder durch ein treffendes Wort, durch eine kecke Wendung, das Ganze rettend. Der Fluß seiner Rede war alsdann, wie sein Selbstvertrauen, bewundernswerth; sein Anlauf schlug hier, wie im Felde, wohl bisweilen um, aber niemals blieb er stecken; die Sprachlehre machte ihm keine Sorge, er sprach sein gutes verständliches Deutsch, zwischen der Umgangssprache und der Mundart des Volks in der

1 Of them.

2

Moving.

3 Means of emotion.

Mitte schwebend, mit einem starken Hange jedoch zu den Eigenheiten des leztern in Redensarten und Aussprache. Die oben bezeichnete Empfindungsweise war im Grunde seinem Wesen tiefer angehörig, als auf den ersten Anblick scheinen könnte; sie war überhaupt der spåteren Hålfte des achtzehnten Jahrhunderts eigen, das Milde, das Menschliche drångte sich überall hervor, und wollte sich jeder Kraftåußerung beigesellen. Von Blücher sind heftige Ausbrüche des Zerns, harte Befehle in allgemeinen Unordnungen, aber kein Zug einzelner Grausamkeit, keine Handlung unmenschlicher Hårte, keine freche Luft an böser Gewaltthätigkeit bekannt. Während der höchsten Aufreizung vergaß er in dem Feinde nie den Menschen, der Tapfre konnte stets auf seine Achtung, der Besiegte, der Verwundete auf seinen Schuß, auf seinen Beistand rechnen. In den leidenschaftlichsten Ausbrüchen seiner Unzufriedenheit machte er sich durch Schelten, aber nicht durch Schlagen Luft. Seine Gutmůthigkeit zeigte sich in allen feinen Lebensverhältnissen ; es wurde ihm in den meisten manches geboten,' was er ohne vielen Harm gut sein ließ.

Wahrhaft groß erscheint Blücher in seiner neidlosen, freudigen Anerkennung des Verdienstes Anderer, sowohl solches, das er selbst nicht theilen konnte, als auch dessen, welches in der Bahn des seinigen lag. Jede würdige Erscheinung, jede tüchtige Kraft hielt er in Ehren, den Staatsmann und den Schriftsteller, den Kaufmann und den Künstler, sobald sie ihm in der Persönlichkeit oder in dem Namensansehn2 entgegentraten, die ihren Werth ihm verständlich machten. Das Verdienst des Kriegsmannes wußte er unmittelbar durch eignes Urtheil zu würdigen. Nicht nur erkannte er willig jede Eigenschaft seiner Mitfeldherren an, auch den Einsichten der Oberbefehlshaber, welchen er zu verschiedenen Zeiten mehr oder minder zu folgen hatte, unterwarf er gehorsam seine eigne Meinung, so lange nicht die Umstände ihm gebieterisch 2 Importance of the

1 Many a (painful) thing offered name, title.

eine Selbstständigkeit aufdrangen, die er dann freilich zu behaupten wußte. Aus der höchsten Prüfung ging sein Charakter rein und groß hervor in den Verhåltnissen, welche, einzig in ihrer Art, erst zu Scharnhorst und dann zu Gneisenau, besonders aber zu dem legteren, ihm zu Theil wurden. Mit aufrichtiger Selbsterkenntniß unterwarf er sich der höheren Einsicht dieser Männer, welche weniger seine Untergebenen, als seine Freunde und Vertraute waren, und gleichwohl in ihm den gebietenden Feldherrn nie vermissen konnten. Scharnhorst wurde früh von seiner Seite geriffen; Gneisenau aber blieb der unzertrennliche Gefährte der ganzen Siegeslaufbahn, und welcher Antheil demselben an deren Erfolgen gebühre, hat Blücher in dem höchsten Taumel der Huldigungen, auf dem Gipfel des Ruhmes und der Ehren, stets eifrig und laut verkündigt. Hieher gehört das große Wort, durch welches Blücher einst die Lobreden, die man ihm zum Ueberdrusse vor= getragen, ungeduldig unterbrach: „Was ist's, das ihr rühmt:// rief er wie begeistert,,, es war meine Verwegenheit, Gneisenau's Besonnenheit und des großen Gottes Barmherzigkeit/ Ein andermal, in einer großen Versammlung, als bei Tisch viele Trinksprüche schon ausgebracht, und Sinn und Streben auf Seltsames und Wunderliches gerichtet war, verhieß Blücher, Alle überbietend, er wolle thun, was ihm kein Anderer nachmachen könne, er wolle seinen eigenen Kopf küssen; das Råthsel blieb nicht lange ungelöst, er stand auf, ging zu Gneisenau hin, und küßte ihn mit herzlicher Umarmung. Noch bei vielen Gelegenheiten gab er wiederholt das offne Bekenntniß, er selbst sei im Felde nur der ausführende Arm, aber Gneisenau das leitende Haupt gewesen. Ihre beiderseitige Freundschaft blieb ungetrübt bis an's Ende, und kein Augenblick von Eifersucht rief jemals eine Theilung und Sonderung dessen herbei, was durch das Leben selbst vereint worden, und nur also vereint in seinem vollen Werthe besteht.

14. Die Zerstörung von Magdeburg.

Das reiche Erzbisthum, dessen Hauptsig die Stadt Magdeburg war, hatte schon seit geraumer Zeit evangelische Prinzen aus dem brandenburgischen Hause besessen, welche ihre Religion darin einführten. Christian Wilhelm, der legte Administrator, war durch seine Verbindung mit Dånemark in die Reichsacht verfallen, wodurch das Domcapitel sich bewogen sah, um nicht die Rache des Kaisers gegen das Erzstift zu reizen, ihn förmlich seiner Würden zu entseßen. An seiner Statt postulirte es den Prinzen Johann August, zweiten Sohn des Churfürsten von Sachsen, den aber der Kaiser verwarf, um seinem eignen Sohne Leopold dieses Erzbisthum zuzuwenden. Der Churfürst von Sachsen ließ darüber ohnmächtige Klagen an dem kaiserlichen Hofe erschallen; Christian Wilhelm von Brandenburg ergriff thåtigere Maßregeln. Der Zuneigung des Volks und Magistrats zu Magdeburg versichert, und von chimårischen Hoffnungen erhißt, glaubte er sich im Stande, alle Hindernisse zu besiegen, welche der Ausspruch des Capitels, die Concurrenz mit zwei mächtigen Mitbewerbern und das Restitutionsedict seiner Wiederherstellung entgegenseßten. Er that eine Reise nach Schweden, und suchte sich durch das Versprechen einer wichtigen Diversion in Deutschland der Unterstüßung Gustavs zu versichern. Dieser König entließ ihn nicht ohne Hoffnung seines nachdrücklichen Schußes, schårfte ihm aber dabei ein, mit Klugheit zu verfahren.

Kaum hatte Christian Wilhelm die Landung seines Beschüßers in Pommern erfahren, so schlich er sich mit Hülfe einer Verkleidung in Magdeburg ein. Er erschien plöglich in der Rathsversammlung, erinnerte den Magistrat an alle Drangsale, welche Stadt und Land seitdem von den kaiserlichen Truppen erfahren, an die verderblichen Anschläge Ferdinands, an die Gefahr der evangelischen Kirche. Nach diesem Eingange entdeckte er ihnen, daß der Zeitpunkt ihrer Befreiung erschienen sei, und daß ihnen

Mag=

Gustav Adolph seine Allianz und allen Beistand anbiete. deburg, eine der wohlhabendsten Städte Deutschlands, genoß unter der Regierung seines Magistrats einer republikanischen Freiheit, welche seine Bürger mit einer heroischen Kühnheit beseelte. Davon hatten sie bereits gegen Wallenstein, der, von ihrem Reichthum gelockt, die übertriebensten Forderungen an sie machte, rühmliche Proben abgelegt, und in einem muthigen Widerstande ihre Rechte behauptet. Ihr ganzes Gebiet hatte zwar die zerstörende Wuth seiner Truppen erfahren, aber Magdeburg selbst entging seiner Rache. Es war also dem Administrator nicht schwer, Gemüther zu gewinnen, denen die erlittenen Mißhandlungen noch in frischem Andenken waren. Zwischen der Stadt und dem Könige von Schweden kam ein Bündniß zu Stande, in welchem Magdeburg dem Könige ungehinderten Durchzug durch ihr Gebiet und ihre Thore, und die Werbefreiheit auf ihrem Grund und Boden verstattete, und die Gegenversicherung erhielt, bei ihrer Religion und ihren Privilegien aufs gewissenhafteste geschüßt zu werden.

Sogleich zog der Administrator Kriegsvölker zusammen, und fing die Feindseligkeiten voreilig an, ehe Gustav Adolph nahe genug war, ihn mit seiner Macht zu unterstüßen. Es glückte ihm, einige kaiserliche Corps in der Nachbarschaft aufzuheben, kleine Eroberungen zu machen, und sogar Halle zu überrumpeln. Aber die Annäherung eines kaiserlichen Heeres nöthigte ihn bald, in aller Eilfertigkeit und nicht ohne Verlust den Rückweg nach Magdeburg zu nehmen. Gustav Adolph, obgleich unzufrieden über diese Voreiligkeit, schickte ihm in der Person Dietrichs von Falkenberg einen erfahrenen Officier, um die Kriegsoperationen zu leiten, und dem Administrator mit seinem Rathe beizustehen. Eben diesen Falkenberg ernannte der Magistrat zum Commandanten der Stadt, so lange dieser Krieg dauern würde. Das Heer des Prinzen sah sich von Tag zu Tag durch den Zulauf aus den benachbarten Städten vergrößert, erhielt mehrere VorRecruiting liberty.

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