Sivut kuvina
PDF
ePub

Preußen wollte nicht freiwillig Sklavenketten tragen. Auch nicht einen Schritt hat der König anders handeln können, ohne seinem Karakter ungetreu und an seinem Volk Verråther zu werden. Wie dieses stårkt, kann nur der fühlen, den wahres Ehrgefühl durchströmt.

-Doch zur Sache.

Durch die unglückliche Schlacht von Friedland kam Königsberg in französische Hånde. Wir sind vom Feinde gedrångt, und wenn die Gefahr nur etwas nåher rückt, so bin ich in die Nothwendigkeit versegt, mit meinen Kindern Memel zu verlassen. Der König wird sich wieder mit dem Kaiser vereinigen. Ich gehe, sobald dringende Gefahr eintritt, nach Riga; Gott wird mir helfen, den Augenblick zu bestehen, wo ich über die Gränzen des Reichs muß. Da wird es Kraft erfodern; aber ich richte meinen Blick gen Himmel, von wo alles Gute und Böse kommt, und mein fester Glaube ist, er schickt nicht mehr als wir tragen können. Noch einmal, bester Vater, wir gehen unter mit Ehren, geachtet von Nationen, und wir werden ewig Freunde haben, weil wir sie verdienen. Wie beruhigend dieser Gedanke ist, läßt sich nicht sagen. Ich ertrage Alles mit einer solchen Ruhe und Gelassenheit, die nur Ruhe des Gewissens und reine Zuversicht geben kann. Deswegen sein Sie überzeugt, bester Vater, daß wir nie ganz unglücklich sein können, und daß Mancher mit Kronen und Glück bedrückt, nicht so froh ist als wir es sind.—Gott schenke jedem Guten den Frieden in seiner Brust, und er wird noch immer Ursache zur Freude haben. Noch eins zu Ihrem Troste, daß nie etwas von unserer Seite geschehen wird, das nicht mit der strengsten Ehre verträglich ist und mit dem Ganzen gehet.1 Denken Sie nicht an einzelne Erbårmlichkeit. Auch Sie wird das trösten, das weiß ich, so wie Alle, die mir angehören. Ich bin auch ewig Ihre treue, gehorsame, Sie innig liebende Tochter,

1 And is conformable to the welfare of all. of individual shameful compromises.

2 Think not

[ocr errors]

und Gott Lob, daß ich es sagen kann, da Ihre Gnade mich dazu berechtigt Ihre Freundinn

Luise.

Den 24sten Juni.

Noch immer sind meine Briefe hier, weil nicht nur Wind, sondern Stürme alles Auslaufen der Schiffe unmöglich machten. Nun schicke ich Ihnen einen sichern Menschen, und fahre deshalb fort, Ihnen Nachricht von hier mitzutheilen. Die Armee ist genöthigt gewesen, sich immer mehr und mehr zurückzuziehen, und es ist von russischer Seite ein Waffenstillstand auf vier Wochen abgeschlossen worden. Oftmals klårt sich der Himmel auf, wenn man trübes Wetter vermuthet; es kann auch hier sein; Niemand wünscht es so wie ich; doch Wünsche sind nur Wünsche und noch keine feste Basen. Also Alles von dir dort oben, du Vater der Güte!-Mein Glaube soll nicht wanken; aber hoffen kann ich nicht mehr. Ich berufe mich demnach auf meinen Brief, er ist aus der Tiefe meiner Seele geschrieben. Sie kennen mich ganz, wenn Sie ihn gelesen haben, bester Vater. Auf dem Wege des Rechts leben, sterben, und wenn es sein muß, Brod und Salz essen; nie werde ich ganz unglücklich seyn, nur hoffen kann ich nicht mehr. Wer so von seinem Himmel heruntergestürzt ist, kann nicht mehr hoffen. Kommt das Gute-o! kein Mensch kann es dankbarer empfinden, als ich es empfinden werde—aber erwarten thue ich es nicht mehr. Kommt das Unglück, so wird es mich auf Augenblicke in Verlegenheit sehen, aber beugen kann es mich nie, sobald es nicht verdient ist. Nur Unrecht unserer Seits würde mich zu Grabe bringen; da komme ich nicht hin, denn wir stehen hoch. Sehen Sie, bester Vater, so kann der Feind der Menschen nichts über mich. Der König ist seit dem 19ten mit dem Kaiser vereint; seit gestern sind sie in Taurogen, nur ein Paar Meilen von Tilsit, wo der französische Kaiser ist. Ich bin zu Ihren Füßen ganz die Ihrige.

Luise.

3.- Göthe an einen Freund.

Chamouny, den 4. Nov., Ubends gegen Neun.

.

Nur daß ich mit diesem Blatt Ihnen um so viel nåher rücken kann, nehme ich die Feder; sonst wåre es besser meine Geister ruhen zu lassen. Wir ließen Salenche in einem schönen, offnen Thale hinter uns; der Himmel hatte sich, während unsrer Mittagsrast, mit weißen Schäfchen1 überzogen, von denen ich hier eine besondere Anmerkung machen muß. Wir haben sie so schön und noch schöner, an einem heitern Tag, von den Berner Eisbergen aufsteigen sehen. Auch hier schien es uns wieder so, als wenn die Sonne die leisesten Ausdünstungen von den höchsten Schneegebirgen gegen sich aufzöge, und diese ganz feinen Dünste von einer leichten Luft, wie eine Schaumwolle, durch die Atmosphäre gekämmt würden. Ich erinnere mich nie in den höchsten Sommertagen, bei uns, wo dergleichen Lufterscheinungen auch vorkommen, etwas so Durchsichtiges, Leichtgewobenes gesehen zu haben. Schon sahen wir die Schneegebirge, von denen sie aufsteigen, vor uns, das Thal fing an zu stocken, die Arve schoß aus einer Felskluft hervor, wir mußten einen Berg hinan, und wanden uns, die Schneegebirge rechts vor uns, immer höher. Abwechselnde Berge, alte Fichtenwälder zeigten sich uns rechts, theils in der Tiefe, theils in gleicher Höhe mit uns. Links über uns waren die Gipfel des Berges kahl und spißig. Wir fühlten, daß wir einem stårkern und mächtigern Sag3 von Bergen immer näher rückten. Wir kamen über ein breites trocknes Bett von Kieseln und Steinen, das die Wasserfluthen die Långe des Berges hinab zerreißen und wieder füllen; von da in ein sehr angenehmes, rundgeschlossenes flaches Thal, worin das Dörfchen Serves liegt. Von da geht der Weg um einige sehr bunte Felsen wieder gegen die Urve. Wenn man über sie weg ist, steigt man einen Berg hinan, die Massen werden hier immer größer, die Natur hat hier mit sachter Hand das Ungeheure zu bereiten angefangen. Į 3 Sort, kind.

'Little clouds.

2 Frothy wool.

Es wurde dunkler, wir kamen dem Thale Chamouny nåher, und endlich darein. Nur die großen Massen waren uns sichtbar. Die Sterne gingen nach einander auf, und wir bemerkten über den Gipfeln der Berge, rechts vor uns, ein Licht, das wir nicht erklären konnten. Hell, ohne Glanz wie die Milchstraße, doch dichter, fast wie die Plejaden, nur größer, unterhielt es lange unsre Aufmerksamkeit, bis es endlich, da wir unsern Standpunkt ånderten, wie eine Pyramide, von einem innern geheimnißvollen Lichte durchzogen, das dem Schein eines Johanniswurms am besten verglichen werden kann, über den Gipfeln aller Berge hervorragte, und uns gewiß machte, daß es der Gipfel des Montblanc war. Es war die Schönheit dieses Anblicks ganz außerordentlich; denn, da er mit den Sternen, die um ihn herumstanden, zwar nicht in gleich raschem Licht, doch in einer breitern zusammenhängendern Masse leuchtete, so schien er den Augen zu einer höhern Sphäre zu gehören, und man hatte Mühe, in Gedanken seine Wurzeln wieder an die Erde zu befestigen. Vor ihm sahen wir eine Reihe von Schneegebirgen, dåmmernder auf den Rücken von schwarzen Fichtenbergen liegen, und ungeheure Gletscher zwischen den schwarzen Wåldern herunter ins Thal steigen.

Meine Beschreibung fångt an unordentlich und ängstlich zu werden; auch brauchte es eigentlich immer zwei Menschen, einen der's såhe und einen der's beschriebe.

Wir sind hier in dem mittelsten Dorfe des Thals, le Prieuré genannt, wohl logirt, in einem Hause, das eine Wittwe, den vielen Fremden zu Ehren, vor einigen Jahren erbauen ließ. Wir sißen am Kamin, und lassen uns den Muskatellerwein, aus der Vallee d'Aost, besser schmecken, als die Fastenspeisen, die uns aufgetischt werden.

Githe.

4.-Herrmann Fürst von Pückler-Muskau über einen Besuch bei Göthe.

Weimar, den 14. September 1826.

Meine theure Freundinn!

Diesen Abend stattete ich Göthe meinen Besuch ab. Er_empfing mich in einer dåmmernd erleuchteten Stube, deren clair obscur nicht ohne einige künstlerische Coquetterie arrangirt war. Auch nahm sich der schöne Greis mit seinem Jupitersantlig gar stattlich darin aus. Das Alter hat ihn nur veråndert, kaum geschwächt, er ist vielleicht weniger lebhaft als sonst, aber desto gleicher und milder, und seine Unterhaltung mehr von erhabener Ruhe als jenem blizenden Feuer durchdrungen, das ihn ehemals, bei aller Gran dezza, wohl zuweilen überraschte. Ich freute mich herzlich über seine gute Gesundheit, und äußerte scherzend, wie froh es mich mache, unsern Geisterkönig immer gleich majeståtisch und wohlauf zu finden. ,,, Sie sind zu gnådig," sagte er mit seiner immer noch nicht verwischten süddeutschen Weise, und lächelte norddeutsch, satyrisch dazu, mir einen solchen Namen zu geben.“ „Nein,“ erwiederte ich, wahrlich aus vollem Herzen, nicht nur König, sondern sogar Despot, denn Sie reißen ja ganz Europa gewaltsam mit sich fort."——— Er verbeugte sich höflich, und befrug mich nun über einige Dinge, die meinen frühern Uufenthalt in Weimar betrafen, sagte mir dann auch viel Gütiges über Muskau und mein dortiges Streben, mildåußernd, wie verdienstlich er es überall finde, den Schönheitssinn zu erwecken, es sei auf welche Art es wolle, wie aus dem Schönen dann immer auch das Gute und alles Edle fich mannichfach von selbst entwickele, und gab mir zulegt sogar, auf meine Bitte, uns dort einmal zu besuchen, einige aufmunternde Hoffnung. Du kannst Dir vorstellen, Liebste, mit welchem Eifer ich dies aufgriff, wenn es gleich nur eine façon de parler sein mochte. Im fernern Verlauf des Gesprächs kamen wir auf Sir Walter Scott. Göthe war eben nicht sehr enthusiastisch für den großen Unbekannten ein

« EdellinenJatka »