Sivut kuvina
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genug gehabt," fing Mutewekul an, „ dich zu bedenken, und das Unrecht deiner Widerspenstigkeit einzusehen. Nun wåhle; entweder nimm diese Reichthümer und thue meinen Willen, oder bereite dich zu einem schimpflichen Tode. "Herr," antwortete Honain, „die Schande besteht nicht in der Strafe, sondern in dem Verbrechen. Ich kann sterben, ohne die Ehre meiner Wissenschaft und meines Standes zu beflecken; du bist Herr meines Lebens; thue, was dir gefållt.”

"

„Geht hinaus!“ sagte der Kalif zu den Umstehenden; und als er allein war, reichte er dem gewissenhaften Honain die Hand, und sprach: Honain, ich bin mit dir zufrieden. Du bist mein Freund, und iches deinige. Man hatte mir deine Treue verdächtig gemacht; ich mußte deine Ehrlichkeit prüfen, um gewiß zu werden, ob ich mich vollkommen auf dich verlassen könnte. Nicht zur Belohnung, sondern als ein Zeichen meiner Freundschaft werde ich dir diese Geschenke senden, die deine Tugend nicht verführen konnten."

So sprach der Kalif, und befahl, das Gold, die Edelsteine und die Stoffe in Honains Haus zu tragen.

8. Der kluge Richter.

Ein Kaufmann wollte in ein fremdes Land reisen, und übergab einem Derwisch, den er für seinen Freund hielt, einen Beutel mit tausend Zechinen, mit der Bitte, ihm dieses Geld während seine Abwesenheit zu bewahren. Nach einem Jahre kam der Kaufmann wieder, und verlangte sein Geld zurück; der betrüge= rische Derwisch aber leugnete ihm ins Angesicht, und behauptete, Nichts empfangen zu haben. Der Kaufmann gerieth über diese Treulosigkeit in heftigen Zorn, und ging zum Kadi, den Derwisch zu verklagen. "Du bist mehr redlich als klug gewesen," antwortete der Richter. "Du hättest einem Manne, dessen Treue du nicht kanntest, nicht so blindlings trauen sollen. Es wird schwer halten, diesen listigen Betrüger zu bewegen, ein Unterpfand,

das er ohne Zeugen empfangen hat, freiwillig wieder heraus zu geben; doch will ich sehen, was ich für dich thun kann. Geh' noch einmal zu ihm, und sprich ihm freundlich zu; laß dir aber nicht merken, daß ich von der Sache weiß; und morgen um diese Stunde komm wieder zu mir."

Der Kaufmann ging hin, und that also; aber statt des Beutels bekam er Schimpfreden. Als sie nun stritten, erschien des Kadi Sklave, und lud den Derwisch zu seinem Herrn ein. Der Derwisch kam. Der Richter empfing ihn sehr freundlich, führte ihn in sein schönstes Zimmer, und erwies ihm so große Ehre, wie dem vornehmsten Mann in der Stadt. Er redete von vielerlei Dingen, webte' aber bei Gelegenheit so viel schmeichelhafte Lobsprüche von des Derwisches Edelmuth, Weisheit und Gelehrsamkeit ein,' daß er sein völliges Zutrauen gewann. „Ich habe dich zu mir bitten lassen,2 edler Derwisch," fuhr der Kadi endlich fort, um dir einen Beweis meines Vertrauens und meiner Hochachtung zu geben. Eine wichtige Ungelegenheit nöthigt mich, einige Monden zu verreisen. Ich traue meinen Sklaven nicht, und möchte meine Schäße gern in den Hånden eines Mannes lassen, dem die ganze Stadt ein so schönes Zeugniß giebt, wie dir. Wenn ich dich, ohne deinen übrigen Geschäften Abbruch zu thun, mit einer Bemühung dieser Art beschweren darf, so will ich morgen in der Nacht meine Kostbarkeiten zu dir schicken. Die Sache erfordert das tieffte Stillschweigen; darum werde ich sie dir durch meinen treusten Sklaven unter dem Namen eines Geschenkes senden."

Ein freundliches Lächeln verbreitete sich über das Gesicht des Derwisches; er machte eine Menge tiefer Verbeugungen, dankte für das hohe Zutrauen, betheuerte in den schönsten Ausdrücken, über die anvertrauten Schäße wie über seine eigenen Augen zu wachen, und empfahl sich mit solch einer heimlichen Freude, als ob er den Kadi schon betrogen hätte.

Einweben, to insert.

2 I have invited thee.

Den andern Morgen kam der Kaufmann wieder, und berichtete

Geh' noch einmal zu ihm,“

die Hartnäckigkeit des Derwisches. sprach der Kadi,, und wenn er sich du wollest ihn bei mir verklagen. zweimal drohen lassen." der Derwisch vom Kadi hörte, dessen Vertrauen er auf keine Weise verlieren durfte, wenn er ihn um seine Kostbarkeiten berücken wollte, so gab er den Beutel geschwind zurück. „Ei! lieber Freund," fügte er lächelnd hinzu, „warum nicht gar' zum Kadi! Dein Gut ist in meinen Hånden unverloren. Ich habe nur gescherzt, um zu sehen, wie du dich dabei zeigen würdest." Der Kaufmann war so klug, daß er den Scherz gleich gelten ließ. Er ging zum Kadi, und dankte ihm für seine großmüthige Hülfe.

ferner weigert, so drohe ihm, Ich denke, er wird sich nicht Der Kaufmann ging hin. Sobald

Unterdessen kam die Nacht herbei, und der Derwisch bereitete sich zum Empfang der versprochenen Schäße; aber die Nacht verstrich, ohne daß der Sklave des Kadi mit dem heimlichen Geschenk erschien. Die Zeit wurde ihm unbeschreiblich lang, und sobald der Morgen anbrach, begab er sich in des Richters Wohnung. Ich wollte mich nur erkundigen,“ sprach er, „warum der Herr Kadi seinen Sklaven nicht geschickt hat?" "Weil er von einem gewissen Kaufmanne vernommen hat,” antwortete der Kadi,,,daß du ein treuloser Betrüger bist, den die Gerechtigkeit nach Verdienst bestrafen wird, sobald eine zweite Klage dieser Art sich über deine Bosheit beschwert." Der Derwisch beugte sich

ehrerbietig zur Erde, und schlich stillschweigend hinweg.

9. Das verlorne Kind.

Ein französischer Landmann, Lefevre, war um des Glaubens willen aus seinem Vaterlande geflohen, und wohnte im nördlichen Amerika, ohnweit der blauen Berge, auf einem Grundstücke, das er selbst mit den Seinigen urbar gemacht hatte. Er hatte mehrere Kinder; der Liebling der Eltern aber war das jüngste,

1 Indeed.

ein vierjähriger Knabe, Derik genannt. Eines Tages wird Derik vermißt. Man glaubt ihn bei den Nachbarn; ́ man schickt überall herum; umsonst. Die ganze Gegend wird durchsucht; die Nacht bricht ein, und dem ångstlichen Rufen der Eltern antwortet Nichts als der dumpfe Wiederhall, oder die Stimmen der Thiere im Wald, die ihnen noch nie so furchtbar geklungen hatten. Während nun Lefevre mit allen den Seinigen nach dem Liebling sucht, und seine Hoffnung immer tiefer sinkt, kommt ein Wilder, Tewessina, mit Biberfellen beladen, in Lefevres Haus, wo er bekannt war, und seine Felle oft abgesegt hatte, und hört von einer alten Negerin, die man allein zu Hause gelassen hatte, den ångstlichen Vorfall und die Verzweiflung der Eltern. Auf diese Nachricht befiehlt Tewessina der Negerin, unverzüglich in's Horn zu stoßen, und dadurch ihrem Herrn das Zeichen zur Rückkehr zu geben. Er mache sich anheischig, ihm sein Kind wieder zu schaffen.

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Als nun Lefevre das gegebene Zeichen vernimmt, eilt er athemlos zurück; denn er glaubte schon, das Kind habe sich wiederge= funden. Noch ist es nicht da," erwiederte der Wilde auf sein hastiges Fragen; aber gieb mir augenblicklich die Schuhe und Strümpfe, die dein Kind zuleht getragen hat, und ich gebe dir mein Wort, daß ich es wieder finde."—Lefevre zögerte; der Wilde aber ließ nicht nach, in ihn zu dringen. Als nun die Schuhe und Strümpfe des Knaben herbeigeschafft waren, ließ Tewessina sie von seinem Hunde beriechen, und führte diesen dann in einem weiten Kreise um das Haus, wie ein Jåger, der seinen Hund die Spur eines Wildes suchen läßt. Noch hatte er diesen Kreis nicht ganz vollendet, als der Hund einen Ton von sich gab,' aus dem sein Herr abnahm,2 daß er auf der Spur des Kindes sei. Mit unaufhaltsamer Haft verfolgte er seinen Weg, drang in das Dickicht des Waldes ein, und kehrte nach Verlauf von einer halben Stunde mit einem solchen Ausdrucke von Freude zu 2 Concluded.

1 Uttered.

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seinem Herrn zurück, daß man an der Entdeckung des Kindes nicht zweifeln durfte. Ob es aber noch lebe, war ungewiß, und man kann leicht denken, daß die Zeit, die bis zur Aufklärung dieser Ungewißheit verfloß, für die armen Eltern noch peinlicher war als die vorhergehende Angst. Tewessina folgte jezt dem Hunde auf das schnellste nach; die Andern, so gut sie konnten; und er fand den Knaben mitten im Gebüsch, am Fuße eines großen Baumes, von Laufen und Erhizung erschöpft, und mehr einem Todten als einem Lebenden gleich. Denn da sich das Kind einmal in den Wald gewagt hatte, hatte es den Rückweg vergebens gesucht, und war in seiner Angst immer tiefer in die Wildniß gekommen.

Tewessina nahm jezt das Kind auf den Arm, und flog den bekümmerten Eltern damit entgegen, während der treue Hund mit ausgelassener Freude nebenher sprang. Das Glück der Eltern denkt sich wohl Jeder, als sie von fern sahen, daß der ermattete Knabe die Arme nach ihnen ausstreckte. Ihr Dank hatte kein Ende. Auch der Hund empfing seinen Antheil; aber dieser verkroch sich zwischen die Beine seines Herrn, und schien wie beschämt über alle die Dankbarkeit, die man ihm bewies.

Sobald die Nachricht von dem wiedergefundenen Kinde in der Nachbarschaft erscholl, strömte Alles herbei-denn Lefevre und seine Familie waren bei Jedermann beliebt—und das Haus, so geräumig es auch war, konnte doch kaum die Menge der Ankommenden fassen. Das dauerte die ganze Nacht, und es war wie ein großes Fest; denn Niemand ging unbewirthet weg ; und während dieser ganzen Zeit ließ die Mutter das Kind nicht von dem Schooß. Der gute Wilde aber hatte sich in eine Scheune versteckt-denn das Geräusch so vieler Menschen, und die Aufmerksamkeit, die man ihm bewies, war ihm zur Last, und es kostete Mühe, ihn wieder hervorzubringen, nachdem sich der größte Theil der Gäste verloren hatte. Hierauf versammelte Lefevre alle die Seinigen, und wer sonst noch zugegen war,

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