Sivut kuvina
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umarmte seinen Wohlthäter vor ihren Augen, und erklärte ihn nach den Gebräuchen der Wilden für seinen Bruder.

"I Wenn du einst alt bist," seßte er hinzu,,, und deine Füße das flüchtige Wild nicht mehr einholen, dein Arm den Bogen nicht mehr spannen kann, so komm hierher, ich will dir eine Hütte bauen, in der du nach deiner Weise leben kannst, während ich für dich sorge. Hast du je Ursache zu Thrånen, so will ich sie dir trocknen, wie du die meinigen getrocknet hast. Auch dein getreuer Hund soll meine Pflege genießen, wenn er alt wird; ich will ihm Futter und Ruhe geben, wenn er dir nicht mehr folgen kann."—Dann segte er hinzu, indem er den Wilden bei der Hand nahm: Seht hier, Nachbarn und Freunde, meinen Bruder! Der Name, den mein Kind bisher führte, soll von nun an vergessen sein. Es soll künftig, wie sein Oheim und Retter, Tewessina heißen."

Alle Anwesenden gaben diesem neuen Bunde ihren Beifall. Während aber Jeder seinen Gefühlen freien Lauf ließ, saß Temessina still, und sah mit der rauchenden Pfeife im Munde stumm vor sich hin, wie die Wilden zu thun pflegen, wenn sie in ihren Versammlungen sprechen wollen. Nachdem er sich nun gehörig gesammelt hatte, bekräftigte er nach der Sitte seines Landes den angebotenen Bund, und sagte: „Mein Bruder, ich habe Nichts für dich gethan, was du nicht auch für mich gethan håttest. Es war der Wille des guten Geistes, der über uns wacht, daß ich zur rechten Zeit in dein Haus kam, um dir zu helfen. Bist du glücklich, so bin ich es auch; freuest du dich, so freue ich mich nicht weniger. Wenn du zu unsern Hütten kommst, so sollst du in keiner andern wohnen, als in der meinigen; mein Feuer soll das deinige sein, du sollst auf meiner Bårenhaut ruhen, und an keines andern Seite schlafen, als an der Seite deines Bruders Tewessina."

Von dieser Zeit an führte der kleine Derik den Namen seines Retters; und als dieser gestorben war, begab er sich nach seiner

Wohnung, und nahm eines der Kinder des Verstorbenen, das auch den Namen Tewessina führte, zum Bruder an. So dauerte dieses Bündniß der Dankbarkeit noch lange fort, und oft kam der junge Wilde über die blauen Berge, seinen Bruder zu besuchen, der ihn nie unbeschenkt entließ, und auch von ihm kleine Gaben empfing, so wie ein Wilder sie reichen kann.

10. Die Bremer Stadtmusikanten.

Es hatte ein Mann einen Esel, der ihm schon lange Jahre rreu gedient hatte, dessen Kräfte aber nun zu Ende gingen, so daß er zur Arbeit immer untauglicher ward. Da wollt' ihn der Herr aus dem Futter schaffen1; aber der Esel merkte, daß kein guter Wind wehte, lief fort, und machte sich auf den Weg nach Bremen ; , dort," dachte er,,, kannst du ja Stadtmusikant werden." Als er ein Weilchen fortgegangen war, fand er einen Jagdhund auf dem Wege liegen, der jappte, wie Einer, der sich müde gelaufen. Nun, was jappst du so?" sprach der Esel. "Uch," sagte der Hund, weil ich alt bin, und jeden Tag schwächer werde, und auf der Jagd nicht mehr fort kann, hat mich mein Herr wollen todtschlagen; da habe ich Reißaus genommen. Aber womit soll ich nun mein Brod verdienen?" "Weißt du was," sprach der Esel,,,ich gehe nach Bremen, dort Stadtmusikant zu werden; geh' mit, und laß dich auch annehmen." Der Hund war's zufrieden, und sie gingen weiter. Es dauerte nicht lange, so saß da eine Kaße auf dem Wege, und machte ein Gesicht, wie drei Tage Regenwetter. Nun, was ist dir denn in die Quere gekommen?" fragte der Esel. Wer kann da lustig sein, wenn's Einem an den Kragen geht," antwortete die Kaze; „weil ich nun zu Jahren komme, meine Zähne stumpf_werden, und ich lieber hinter dem Ofen sige und spinne, als nach den Mäufen herumjage, hat mich meine Frau ersäufen wollen; ich 2 Get on.

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1 To remove from his food, i.e., to get rid of him. 3 If one's life is in jeopardy.

4 Mistress.

hab' mich zwar noch fortgemacht, aber nun ist guter Rath theuer: wo soll ich hin?” „Geh' mit nach Bremen; du verstehst dich doch auf die Nachtmusik, da kannst du ein Stadtmusikant werden." Die Kage war's zufrieden, und ging mit.

Darauf kamen

die drei Landesflüchtigen an einem Hofe vorbei; da saß auf dem Thore der Haushahn, und schrie aus Leibeskräften. ,,Du schreist Einem durch Mark und Bein,“ sprach der Esel; „, was hast du vor ?// " Da hab' ich gut Wetter prophezeit,” sprach der Hahn,

aber weil morgen zum Sonntage Gåste kommen, so hat die Hausfrau doch kein Erbarmen, und hat der Köchin gesagt, sie wollte mich morgen in der Suppe effen, und da soll ich mir heute Abend den Kopf abschneiden lassen. Nun schrei' ich aus vollem Halse, so lange ich noch kann.“ "I Ei was, du Rothkopf," "sprach der Esel, zieh lieber mit uns nach Bremen ; etwas Besseres als den Tod findest du überall. Du hast eine gute Stimme, und wenn wir zusammen musiciren, so muß es eine Art haben. Der Hahn ließ sich den Vorschlag gefallen, und sie gingen alle vier zusammen fort.

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Sie konnten aber die Stadt Bremen in einem Tage nicht erreichen, und kamen Abends in einen Wald, wo sie übernachten wollten. Der Esel und der Hund legten sich unter einen großen Baum; die Kaße und der Hahn machten sich hinauf;2 der Hahn aber flog bis in die Spiße, wo's am sichersten für ihn war. Ehe er einschlief, sah er sich noch einmal nach allen vier Winden um; da dåuchte ihm, er såhe in der Ferne ein Fünkchen brennen, und rief seinen Gesellen zu, es müßte nicht gar weit ein Haus sein, denn es scheines ein Licht. Sprach der Esel:,,so müssen wir uns aufmachen und noch hingehen, denn hier ist die Herberge schlecht." Und der Hund sagte: „ja ein paar Knochen und etwas Fleisch daran thåte mir auch gut. Nun machten sie sich auf den Weg nach der Gegend, wo das Licht war, und sahen es bald heller schimmern, und es ward immer größer, bis

1 Produce effect.

2 Climbed up.

3 There glittered.

sie vor ein hell erleuchtetes Räuberhaus kamen. Der Esel, als

"Was

der Größte, machte sich ans Fenster, und schaute hinein. siehst du, Grauschimmel?" fragte der Hahn. "Was ich sehe ?" antwortete der Esel,,, einen gedeckten Tisch mit schönem Essen und Trinken, und Räuber sigen daran, und lassen's sich wohl sein." „Das wåre was für uns, sprach der Hahn. Ja, ja, ach, wåren wir da!" sagte der Esel. Da rathschlagten die Thiere, wie sie es anfangen müßten, um die Råuber fortzubringen; endlich fanden sie ein Mittel. Der Esel mußte sich mit den Vorderfüßen auf das Fenster stellen, der Hund auf des Esels Rücken, die Kage auf den Hund klettern, und endlich flog der Hahn hinauf, und sehte sich der Kage auf den Kopf. 2013 δαβ geschehen war, fingen sie insgesammt auf ein Zeichen an, ihre Musik zu machen. Der Esel schrie, der Hund bellte, die Kake maute, und der Hahn kråhte; indem stürzten sie durch das Fenster in die Stube hinein, daß die Scheiben klirrend niederfielen. Die Räuber fuhren bei dem entseglichen Geschrei in die Hdhe, meinten nicht anders, als ein Gespenst kåme herein, und flohen in größter Furcht in den Wald hinaus. Nun seßten sich die vier Gesellen an den Tisch, nahmen mit dem fürlieb, was übrig geblieben war, und aßen, als wenn sie eine Woche hungern fouten.

Als die vier Spielleute fertig waren, löschten sie das Licht aus, und suchten sich eine Schlafståtte, jeder nach seiner Natur und Bequemlichkeit. Der Esel legte sich auf den Mist, der Hund hinter die Thür, die Kaße auf den Herd bei der warmen Asche, und der Hahn sezte sich auf den Hahnenbalken; und weil sie müde waren von ihrem Wege, schliefen sie auch bald ein. Als Mitternacht vorbei war, und die Räuber von weitem sahen, daß kein Licht mehr im Hause war, auch alles ruhig schien, sprach der Hauptmann: „Wir håtten uns doch nicht sollen in's Bockstorn jagen lassen," und hieß Einen hingehen, und das Haus untersuchen. Der Abgeschickte fand Alles still, ging in die Küche,

wollte ein Licht anzünden, und nahm ein Schwefelhölzchen; und weil er die glühenden, feurigen Augen der Kaße für lebendige Kohlen ansah, hielt er es daran, daß es Feuer fangen sollte. Aber die Kage verstand keinen Spaß, sprang ihm in's Gesicht, spie und kraßte. Da erschrak er gewaltig, lief, und wollte zur Hinterthür hinaus; aber der Hund, der da lag, sprang auf, und biß ihn in's Bein; und als er über den Hof an dem Miste vorbei rannte, gab ihm der Esel noch einen tüchtigen Schlag mit dem Hinterfuße; der Hahn aber, der vom Lårmen aus dem Schlafe geweckt und munter geworden war, rief vom Balken herab: kikeriki!" Da lief der Råuber, was er konnte, zu seinem Hauptmann zurück, und sprach: „Ach, in dem Hause sißt eine gråuliche Here, die hat mich ange= haucht, und mit ihren langen Fingern mir das Gesicht zerkragt; und vor der Thüre steht ein Mann mit einem Messer, der hat mich in's Bein gestochen; und auf dem Hofe liegt ein schwarzes Ungethům, das hat mit einer Holzkeule auf mich losgeschlagen ; und oben auf dem Dache, da sißt der Richter, der rief: „Bringt mir den Schelm her!" da machte ich, daß ich fortkam." Von nun an getrauten sich die Räuber nicht wieder in das Haus; den vier Bremer Musikanten gefiel's aber so wohl darin, daß sie nicht wieder heraus wollten. Und der das zulegt erzählt hat, dem ist der Mund noch warm.

11.-Die Freude der Edlen.

Es war eben eine theure Zeit, und mancher Hausvater, dem es schon vorher sauer genug geworden war, die hungrigen Raben um seinen Tisch her satt zu machen, legte sich jezt mit Sorgen zu Bett, und stand mit Kummer wieder auf, wenn er das lezte Brod verschnitten hatte, und aus se:nem Beutel, wie er ihn auch schütteln mochte, kein Kreuzer mehr fiel. Damals war nun in Buckinghamshire, wo es auch mehr arme als reiche Leute gab, ein Påchter, dem der Himmel für den Fleiß, womit er sein Land bestellte, eine ergiebige Weizenernte beschert hatte; mit der fuhr er auf den

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