Sivut kuvina
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nächsten Markt, wo gerade eine starke Nachfrage war, und seßte seinen Vorrath zu ungewöhnlich hohem Preise ab. Ein Anderer håtte nun vielleicht sein Geld in eine Bank getragen, und es auf Zinsen gelegt, oder håtte für Frau und Töchter modischen Staat eingekauft, um auf den Sonntag in der Kirche die Bewunderung und den Neid der Nachbarn zu erregen; aber Martin-dies war der Name des Pächters that weder das Eine, noch das Andere, sondern nahm sein Geld mit nach Hause, und bedachte sich unterwegs, wie er es am besten benugen könnte., Er war sonst arm gewesen, und hatte es auch jezt noch nicht übrig; aber täglich dachte er an seine ehemaligen Vorsåge, und wie er sonst immer gesagt habe: Wenn ich nur reich wåre, so sollten's die Armen besser haben!"—Da er nun jest mit vollem Beutel nach Hause kam, rief er seine Frau, und schüttete das Geld vor ihr auf den Tisch aus, und sagte scherzend: „Sieh Rahel, dafür wollen wir uns was zu Gute thun. Was meinst du, Mutter, was wohl des Menschen Herz am meisten erfreut? Gutes Ale ist ein schweres Getränk, und macht schläfrig; Claret steigt unser Einem' zu Kopf -und ich möchte Etwas haben, das mich recht innig froh machte."

-,,Uch Martin," antwortete die Frau, das soll ich schon finden. Aber mir ist den ganzen Tag das Herz schwer gewesen, und wenn ich mir auch etwas zu Gute thun wollte, ich glaube nicht, daß es anschlüge."—Und da der Mann fragte, was sie denn habe, fuhr sie fort: Du warst heute Morgen noch nicht lange weg, da kam Jenny unten von der Wiese, weinend und wehklagend, und sagte, ihr Vater wolle sterben, und ich möchte ihm doch um Gotteswillen zu Hülfe kommen, und ihr etwas Stärkendes für ihn geben. Ich konnte nun wohl denken, wie es stand, und nahm, was ich eben im Hause hatte, und Etwas von dem Branntewein, und lief hinunter in die Hütte.■ Uch, lieber Gott! das war ein Jammer! Der Mann lag auf dem Bischen Stroh blaß und matt; das arme Weib kniete neben ihm, und weinte und schluchzte; die 1 To one of our station.

Kinder standen herum, halb nackt, und wie der leibliche Hunger -und im ganzen Hause war kein Bissen Brod. Uch Martin, und das ist nicht das einzige Haus, wo solche Noth ist. Ich weiß nicht, aber mir ist, als dürft' ich mit gutem Gewissen gar nicht daran denken, mir eine frohe Stunde zu machen, so lange um uns her so vieles Elend ist."—

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Martin ließ seine Frau ausreden, und hatte während der Zeit vor sich hingesehen. Jest sprang er auf, faßte sie beim Kopf, und herzte und küßte sie. So mein' ich's ja auch, Mutter," sagte er. Ein frohes Herz will ich haben, und wenn man einem Andern etwas Gutes thut, das macht das Herz fröhlicher als Wein und Bier. Jeßt laß sehen, was uns der Himmel beschert hat. Und nun zählte er von seinem Gelde erst den Pachtzins für den Edelmann ab, dann, was er sonst noch schuldig war, und endlich, was er noch bis zur nächsten Ernte zu nothwendigen Ausgaben brauchte. Da nun noch ein feines Sümmchen übrig blieb, sagte er: "Jest, Mutter, zåhle die Armen des Kirchspieles zusammen, und heize den Backofen, und backe für jeden Kopf zwei große Brode, und für jedes Kind ein kleineres, und schicke dann die Brode herum, und thue zu jedem Brode einen Krug Bier und zwei Gulden Silber; und wenn dann die Leute einen guten Tag haben, und ihr Tischgebet ohne Thrånen sprechen, so wird es uns, denk ich, auch gut zu Muthe sein, ohne daß wir etwas Anderes auf den Tich sehen als die gewöhnliche Hausmannskost."

Da nun die Frau ihren Mann so sprechen hörte, wurde ihr das Herz wieder ganz leicht, und sie sagte zu Allem ja, und schüttete Mehl in den Backtrog, und backte den ganzen Tag und die ganze Nacht; und als alle Brode fertig waren, bekam Jeder, was ihm zugedacht war. Und an dem Tag war Niemand im ganzen Kirchspiel, der sich nicht satt gegessen håtte, und Mancher, der seit einem Monate kein Bier gekostet hatte, labte sich jezt, und dankte mit Herz und Mund dem guten Pächter und seiner Frau.

Diese Beiden aber hatten an dem Tage nichts Besseres als ge= wöhnlich auf dem Tische, aber in der Brust das Bewußtsein einer guten That und ein fröhliches Herz.

Das war denn nun so weit recht gut; aber das Beste kommt noch nach.—Denn wie nach dem Sprichwort ein Glück selten allein kommt, so haben auch gute Werke eine besondere Kraft, sich zu vervielfältigen. Da nåmlich dem Edelmanne zu Ohren kam, auf welche Weise sein Pächter, der doch kein reicher Mann war, es angefangen habe, sich einen guten Tag zu machen, gefiel ihm das ganz ausnehmend, und er dachte, das könne er wohl auch thun. Er seßte also einen Tag an, wo alle Armen des Kirch= spiels auf das Schloß eingeladen wurden; und war in dem Saale eine lange Tafel gedeckt für die armen Leute, eine kleinere für ihn und die Seinigen. An diese kleinere Tafel seßte er auch den Påchter Martin und seine Frau, und seßte sie zu oberst, was in England Etwas sagen will' bei einem Edelmanne. Er sagte aber, so brave Leute achte er, wie seine Verwandten und Freunde, und er sei des Glaubens, daß das Herz besser Edelleute mache, als der Stammbaum. Als nun der Tisch angefüllt war mit den Söhnen und Töchtern der Armuth, sprach erst der Kapellan ein Tischgebet, wobei Alle aufstanden, und andåchtig mitbeteten; dann wurden Puddings aufgeseht, was dort zu Lande die beste Schüssel ist, und große Rindsbraten, und für Jeden ein Krug gutes Bier; wo aber Einer krank war, und nicht zu dem Schmause hatte kommen können, dem wurde sein Essen ins Haus geschickt, und mehr als er an dem Tage verzehren konnte. Go aßen und tranken die Urmen des Kirchspiels sich wieder fatt, und Manchem war es in seinem Leben nicht so gut gegangen, wie an diesem Tage.

Jest glaubten sie nun, das Fest sei zu Ende, und wollten sich schon bei dem Wirthe bedanken; der aber sagte ihnen, sie sollten

'Means to say something extraordinary, imports something grand.

nur noch ein Weilchen verziehn, es käme noch Etwas. Und wirklich kamen vier Glückshäfen auf den Tisch, einer für die Månner, der andere für die Frauen und zwei für die Kinder; und nachdem alle Gåste nach ihrem Geschlecht und Alter abge= theilt worden waren, griff Einer nach dem Andern in den Glückshafen, und zog eine Nummer heraus; der Eine 15, der Andere 2, der Dritte 17, und so fort, bis Jeder eine Nummer hatte. Und Jeder sah nun seine Nummer an, und dachte: „Was mag das geben? und Alle sahen sich erwartungsvoll an. Da ging plöglich eine Seitenthür auf, und die Diener brachten ein hölzernes Gestell herein, wo an vier Seiten allerlei Kleidungsstücke hingen, an der einen für die Männer, an der andern für die Frauen, dann für die Knaben und Mädchen, wie auf einem Jahrmarkte; und Alles war neu und tüchtig, wie Bauern es brauchen mögen, und an jedem Stücke war eine Nummer befestigt. Da hieß es nun: Jeßt suche Jedes die Nummer auf, die es in der Hand hat!-Die Månner waren darüber ganz verblüfft, und wollten erst nicht zugreifen; aber die Frauen hatten es schnell weg, und halfen dann ihren Männern und Kindern suchen; und es währte nicht lange, so war das Gestell abgeleert, und Jedes hatte das ihm beschiedene Theil auf dem Arme, und freuete sich daran. Denn Jeder fand, daß ihm eben das zu Theil geworden, was er am nöthigsten brauchte. Viele waren freilich dabei, denen Alles nöthig war.

Als es nun an ein Abschiednehmen ging, und sich die vergnügten Leute bei dem Herrn bedankten, der es so gut mit ihnen gemeint, gab er Jedem die Hand, und schüttelte sie ihm, und bei dieser Gelegenheit schob er Jedem der Månner noch eine Pfundnote in die Hand. Das war nun wiederum ein neuer Jubel und ein neues Danken, und die guten Leute würden gar nicht fertig gewor= den sein, wenn sich Herr Hampdon nicht schnell wegbegeben und ihrem Danke entzogen hätte. Da ihnen aber nun einmal 1 What will come now?

das Herz voll war, und sie ihrer Dankbarkeit durchaus Genüge thun mußten, segten sie den Pächter und seine Frau auf Stühle, hoben diese dann auf einen Leiterwagen, und spannten sich vor, so daß das Ehepaar, es mochte sich stråuben, so viel es wollte, bis zu seinem Hause im Triumphe gezogen wurde. So einen Jubel hatte man lange nicht erlebt, und noch erzählen die Leute in Buckinghamshire ihren Kindern und Enkeln von dem wackern Martin und dem Schmause bei ihrem Edelmanne.

12. Das Haus Gruit van Steen.

Das Handelshaus Gruit van Steen war im Beginne des siebzehnten Jahrhunderts eins der angesehnsten, reichsten und festbegründetsten in Hamburg. Inhaber der Handlung war damals Herr Hermann Gruit, der nach dem Tode des ehrwürdigen Vaters mit der Handlung und dem Hause auch den alten Jansen als Erbstück überkommen hatte, einen goldtreuen Diener des Hauses, mit Leib und Seele wie sonst dem alten, nun dem jungen Herrn zugethan, welchen er schon als Kind auf den Knien geschaukelt hatte.. Wenige verstanden das Handelswesen damaliger Zeit bis in seine åußersten Verzweigungen so von Grund aus, wie der alte Jansen; daher galt auch sein Wort in der Schreibstube wie das des Herrn selbst.

Der dreißigjährige Krieg verheerte schon seit zwanzig Jahren unser armes Vaterland durch Raub, Mord und Brand von einem äußersten Ende zum andern; Stådte und Dörfer waren zu Hunderten verheert, und verlassen von den Bewohnern, die mit dem Viehe in die Wålder geflohen waren, um sich vor den råuberischen, blutigen Hånden der gottlosen Lanzknechte zu retten. Bei diesem Allen und der Unsicherheit der Straßen in allen Låndern war es kein Wunder, daß der Handel stockte, und vorzüglich der Betrieb ins Innere von Deutschland gelähmt war. Das fühlte man auch im Comtoir des Herrn Hermann Gruit, da schon seit längerer Zeit viel seltener und weniger bepackt die Saumrosse und Frachtwagen

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