Vorwort. Als ich im Jahre 1823 nach Åbo kam, zogen die Nordlichter als eine mir ganz neue Erscheinung meine Aufmerksamkeit auf sich. Sie waren indessen Anfangs selten und klein, und so ist es gekommen, dass ich damals manche nicht aufgezeichnet habe; später aber, besonders seit 1827, als sie häufiger wurden, und immer grössere Mannigfaltigkeit entwickelten, glaube ich, wenn ich nicht etwa verreist war, keines unangezeigt gelassen zu haben. Regelmässig sah ich seitdem in den Pausen zwischen den Sternbeobachtungen den nördlichen Himmel an, und notirte, sobald etwas Auffälliges sich zeigte. Freilich sind bei dieser Art der Beobachtung meine Aufzeichnungen sehr unzusammenhängend und fragmentarisch geworden, und manche interessante Erscheinung mag mir verloren gegangen sein, während ich eine Positionsbestimmung am Meridiankreise machte; aber auch in dieser Gestalt, glaube ich, werden sie nicht ohne Interesse sein, und dürften der Nachwelt aufbehalten zu werden verdienen. Je räthselhafter dieses Phänomen noch immer ist, je weniger die verschiedenen zur Erklärung desselben aufgestellten Hypothesen im Stande sind, alle Erscheinungen auch nur annähernd genügend zu erklären, desto wichtiger scheinen mir auch solche vereinzelte Aufzeichnungen zu sein. Dies ist der Grund, wesshalb ich mir erlaube, diese Mittheilungen der verehrten Finnischen Gesellschaft der Wissenschaften gehorsamst vorzulegen, und Sie um deren Abdruck in Ihren Acten zu ersuchen. Besonderes Augenmerk habe ich auf den Zusammenhang der Witterung mit den Nordlichtern gerichtet, und daher den Stand und besonders den Gang der meteorologischen Instrumente sorgfältig verzeichnel. Gewöhnlich fiel während des Nordlichtes das Barometer und das Thermometer stieg. Sollte das letztere eine Folge der gehinderten Wärmeausstrahlung sein, so würde daraus wohl folgen, dass das Nordlicht keine blosse Lichterscheinung ist, sondern dass ihm etwas Materielles zu Grunde liegt. Dafür spricht auch, dass die meisten Nordlichter dadurch schlossen, dass der Himmel sich mit Dünsten überzog; blieb der Himmel klar, so zeigte meistentheils, freilich nicht immer, den folgenden Tag sich wieder ein Nordlicht. Auf die Refraction scheinen weder Bank noch Lichtschein einen Einfluss auszuüben; hätte ich den hygrometrischen Zustand der Atmosphäre untersuchen können, so würden sich hieraus vielleicht positive Resultate ergeben haben. Schliesslich bemerke ich noch, dass die angegebenen Zeiten, wo nicht besonders Sternzeit genannt ist, mittlere Åboer resp. Helsingforser Zeiten sind, und dass ich die Azimuthe überall vom wahren Norden an gezählt habe. Bonn, im December 1865. F. W. A. Argelander. 1823. Sept. 2. 104 53' Mz. enstand ein Nordlicht. Der Himmel war etwa 3o hoch mit einer dichten Wolkenbank bedeckt, die in NW. nebelartig wurde; am Saume dieser Wolkenbank zeigte sich ein weisser Schein, wie die Dämmerung, und daraus erhoben sich drei Strahlenbüschel von derselben Farbe, oben zugespitzt, höchstens 6° bis 7o über dem Horizont; der östlichste von diesen, bei dem zugleich der helle Schein verschwand, ging gerade gegen die Sterne à und į Ursae majoris in die Höhe, war also etwa 5° 49' West vom Nordpunkte, der westlichste schoss etwas westlich vom Cor Caroli empor, welcher Stern damals ein westliches Azimuth von 36° 28' etwa hatte. Neben diesem östlich bildete sich gleich darauf noch ein 4:ter Strahl. Die Strahlen verschwanden nach ein paar Minuten, kamen dann wieder, und späterhin sah man noch zuweilen kleine Ansätze zu Strahlenbüscheln; indess bildete sich nur der westlichste noch einmal um 11° 0' ganz aus, aber nicht mehr so stark wie früher. Der helle Schein blieb noch lange, zog sich aber immer mehr nach Osten herum, so dass um 11° 32' das östlichste Ende schon über den Kirchthurm hinaus war, dessen östlichste Kante vom Beobachtungspunkte ein Azimuth von 10° 0' nach Osten hat. Die verwaschene Wolke zog sich ebenfalls nach Osten und an ihrem Saume, so wie in ihren Öffnungen war die Helligkeit nachher am stärksten. Den folgenden Tag war es ganz windstill, der Himmel bezogen, und es regnete fein. Vom 31:ten August Abends zwischen g" und g" an, hatte es gewaltig mit heftigem Regen aus SW. gestürmt, so dass mehrere Rauten im Observatorium zerbrachen. Der Sturm ging in 24 Stunden bis WNW. herum, und war September 2 schwach Nordwest. 1824. März 25. Nordlicht. 26. Ein schönes Nordlicht zeigte sich etwa seit gu 13' Mz.; gu 33' ging es bis an die Capella, von NW. bis N. bei O.; um gu 53' war es fast ganz zu Ende. (NB. Capella muss wohl ein Schreibfehler sein, viel- . leicht soll es a Lyrae heissen, was eine Höhe von 17° 10' geben würde.) Novemb. 16. Zwischen 4° 15' und 4" 30' Abends zeigte sich ein Nordlicht. Einzelne Wolken in der Nähe des nördlichen Horizonts waren zuerst mit einem lichten, ins Gelbliche fallenden Scheine umgeben; darauf kräuselten sich aus diesen gelblich grünliche Lichtwölkchen, und Strahlenbüschel von derselben Farbe entstanden und verschwanden. Anfangs breiter und kürzer, dann in schmalen Streifen sich hoch erhebend. Da es noch helle Dämmerung war, konnte man den Zusammenhang der einzelnen nicht erkennen. Näher am Horizont war der Himmel von einer schmutzig röthlichen Farbe. Das Ganze mochte etwa 5' gedauert haben, als es sich bezog. Den Abend war es hell im Norden, die Helligkeit erstreckte sich bis an den grossen Bären. Merkwürdig sah um 5' 45' ungefähr eine grosse dunstige Wolke aus, aus deren Zwischenräumen das nun weissliche Licht hervorstrahlte, als stände der Mond dahinter; es war späterhin auf Augenblicke klar, bis heftige Windstösse von Norden her wieder Dunstwolken und zuweilen Schneegestöber über den ganzen Himmel jagten. Das Barometer, das am 14:ten Nachmittags bei starkem Sturme aus SSO. auf 318,40 Pariser Linien (reducirt auf 0° und das Niveau des Meeres) gestanden hatte, stand um 7u wieder auf 331,5 und war noch im Steigen, es fror etwas. Gegen gu klärte sich der Himmel wieder vollkommen auf; das Nordlicht war recht stark und hell, es nahm etwa 100° bis 115° des Horizonts ein, und erhob sich in der Mitte bis auf 20° bis 250. Die Helligkeit, die es verbreitete, . , war etwa der des Vollmonds bis eine halbe Stunde nach dem Aufgange zu vergleichen; Strahlen schoss es nur selten und auch nicht hoch, die Farbe war wie gewöhnlich. Der Sturm tobte stark. Um 11° hatte sich die Basis ordentlich ausgebildet, es schossen starke aber nicht sehr hohe Strahlenbüschel, besonders an den beiden Enden hervor, aber schon um 11° 30' war fast alles vorbei, und nur einige Lichtwolken am Horizont. Den folgenden Tag ganz still, es schneit stark und das Barometer fällt. Decemb. 18. Ein schwaches Nordlicht um 11 Uhr Abends; es schoss nur zwei mal 2 kleine und sehr schwache Strahlen, auch war die Bank nicht ordentlich ausgebildet, sondern es lagen nur gleichsam schwarze Nebel längs dem Horizonte. 1825. Febr. 14. Schon seit 7" zeigte sich ein schwaches Nordlicht, das aber gegen 10" und dann wieder um 10' 30' sehr hell wurde, und schöne lebhaft glänzende Strahlen schoss; es fror ziemlich stark, die Kälte nahm bis 10° 5. C. zu, das Barometer etwas im Fallen. Den folgenden Tag war es bewölkt und gelinde. März 14. Zwischen gu und 10" ein schwaches Nordlicht. August 21. Etwa um 10" bildete sich ein Nordlicht, das aber nur wenige Strahlen schoss; bald darauf bezog sich der Himmel mit Dunstwolken, die von der Bank herauf kamen, zwischen diesen zeigte sich das Nordlicht nachher noch die Nacht über. Das Barometer fiel stark, das Thermometer stieg. Tags darauf sehr bewölkt und Sturm aus NNW. Aug. 26. Seit gu zeigte sich ein Nordlicht, das viele und recht hohe Strahlen schoss, aber wegen des hellen Mondscheins nur sehr schwach erschien. Das Barometer fiel, das Thermometer stand von g" bis 10° 30' auf 45 F. und fiel dann erst langsam. Den folgenden Tag Wind aus NNW. Aug. 29. Seit 10" zeigte sich ein Nordlicht, das sich nachher in ein Zirkelsegment verwandelte. Das östliche Ende desselben, etwas östlich vom Kirchthurme war am stärksten. (Die östliche Kante des Thurmes hat von der Beobachtungsstelle ein östliches Azimuth von 8° 10'). Das Thermometer stand stille, Barometer stieg. Um 14' 20' Mz war das Nordlicht ganz vorbei, und der nördliche Horizont mit dünnen Wolken bezogen. Den folgenden Tag klares und warmes Wetter, sehr schwacher Wind aus SW. Sept. 11. Seit gu zeigte sich ein Nordlicht, das aber wegen der Wolken nicht gut zu sehen war. Barometer und Thermometer schienen zu stehen. Sept. 14. Zwischen Wolken durch zeigte sich ein schwaches Nordlicht. Sept. 16. Es zeigte sich wieder ein Nordlicht, aber sehr schwach, bald darauf bezog sich der Himmel gänzlich. Oct. 13. Nordlicht seit 7u Mz. December 2. Nordlicht seit gu 30' Mz. Barometer steigt, Thermometer fällt. December 7. Nordlicht seit 10" Mz. Barometer und Thermometer fallen. December 8. Nordlicht um 7' 30', um gu war es sehr schön, das schönste was ich bis jetzt gesehen habe. Das Thermometer steht jetzt still, das Barometer noch im Steigen, den folgenden Tag klares Wetter. 1826. Januar 5. Nordlicht zwischen g" und gu bei etwas klarem Himmel, aber spät in der Nacht hinter Wolken durch starke Helligkeit auffallend. |