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E r z å h l u n g e n.

Der

ersten Abtheilung

erstes Buch.

Braga Bd. VIII.

1

1. Johann, der Seifensieder.

Johann, der muntre Seifenfieder,
Erlernte viele schöne Lieder,
Und sang mit unbesorgtem Sinn
Vom Morgen bis zum Abend hin.

Sein Tagwerk konnt' ihm Nahrung bringen,
Und wenn er aß, so mußt' er singen;
Und wenn er sang, so war's mit Lust,
Aus vollem Hals und freier Brust.
Bei'm Morgenbrod, bei'm Abendessen
Blieb Ton und Triller unvergessen;
Der schallte recht, und seine Kräft
Durchdrang die halbe Nachbarschaft.

Man horcht; man fragt: Wer singt schon wieder?
Wer ist's? Der muntre Seifensieder.

Im Lesen war er anfangs schwach;
Er las nichts, als den Almanach,
Doch lernt' er auch nach Jahren beten,
Die Ordnung nicht zu übertreten,
und schlief, dem Nachbar gleich zu sein,
Oft singend, öfter lesend, ein.
Er schien fast glücklicher zu preifen,
Als die berufnen sieben Weisen,
Als manches Haupt gelehrter Belt,
Das sich schon für den achten hält.

Es wohnte diesem in der Nähe Ein Sprößling eigennüg'ger Ehe, Der, stolz und steif und bürgerlich, Im Schmausen keinem Fürsten wich: Ein Garkoch richtender Verwandten, Der Schwäger, Vettern, Nichten, Tanten, Der stets zu halben Nächten fraß, Und seiner Wechsel oft vergaß. Kaum hatte mit den Morgenstunden Sein erster Schlaf sich eingefunden, So ließ ihm den Genuß der Ruh' Der nahe Sänger nimmer zu.

,,Sum Henker! Lärmst du dort schon wieder, Vermaledeiter Seifensieder?

Ach wäre doch zu meinem Heil

Der Schlaf hier, wie die Austern, feil!"

Den Sänger, den er früh vernommen, Läßt er an einem Morgen kommen,

Und spricht: Mein lustiger Johann,

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Wie geht es euch? Wie fangt ihr's an?
Es rühmt ein jeder eure Waare;

Sagt: wie viel bringt sie euch im Jahre?"
"Im Jahre, Herr? Mir fällt nicht bei,
Wie groß im Jahr mein Vortheil sei.
So rechn' ich nicht! Ein Tag bescheret,
Was der, der auf ihn kommt, verzehret.
Dies folgt im Jahr (ich weiß die Zahl).
Dreihundert fünf und sechzig Mal.““/
,,Ganz recht; doch könnt ihr mir's nicht sagen,
Was pflegt ein Tag wol einzutragen?"
,,,,Mein Herr, ihr forschet allzusehr:

Der eine wenig, mancher mehr,

So wie's dann fällt; mich zwingt zur Klage
Nichts, als die vielen Feiertage;

Und wer sie alle roth gefärbt,
Der hatte wol, wie ihr, geerbt,
Dem war die Arbeit sehr zuwider;
Das war gewiß kein Seifenfieder."

Dieß schien den Reichen zu erfreu’n. ,,Hans," spricht er, du sollst glücklich sein. Izt bist du nur ein schlichter Praler ; Da hast du baare_funfzig_Thaler,

Nur unterlasse den Gesang!

Das Geld hat einen beßren Klang."

Er dankt, und schleicht mit scheuchem Blicke, Mit mehr als dieb'scher Furcht zurücke.

Er herzt den Beutel, den er hält,

Und zählt und wägt und schwenkt das Geld,
Das Geld, den Ursprung seiner Freude,
Und seiner Augen neue Weide.

Es wird mit stummer Lust beschaut
Und einem Kasten anvertraut,
Den Band und starke Schlösser hüten,
Bei'm Einbruch Dieben Troß zu bieten,
Den auch der karge Thor bei Nacht
Aus banger Vorsicht selbst bewacht.
Sobald sich nur der Haushund reget,
Sobald der Kater sich beweget,
Durchsucht er Alles, bis er glaubt,
Daß ihn kein frecher Dieb beraubt,
Bis oft gestoßen, oft geschmissen,
Sich endlich beide packen müssen:

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