Naß werden aller Augen seyn, Wirst du dereinst von hinnen gehn; Naß aller Herzen, welche rein Durch deine Lieder sind geworden, Und mehr, als Ritter ihrer Orden, Sich deiner hohen Lieder freun! Mit ausgelöschter Fackel stehn Wird Amor, den du hast gelehrt Auf Tugend, nicht auf Schönheit sehn! Das schönste Mädchen, wenn es hört Von seines Dichters leßten Tagen, Wird lange seinen Arm versagen Dem treuen Arm des Liebenden, In dir, o Vater, zu beklagen Den Lehrer seiner Tugenden!...
Doch lange, lange noch verspåte Der Engel, der zu Lessing dich Wird einst hinüber bringen, sich! Die junge, grüne Rasenståtte, Versteckt in deinem Gartenthal, Die du mit deinem Staub einmal Zum Hügel machen wirst ... noch lange. . . Sie bleibe dir noch lange Thal, Und dufte wenn bei Mondesstral, ́ Zu süßem Nachtigallgesange . Du deinen singst, Entzücken aus! O'Lieber! Alles was sich deiner Im Herzen freut, verbrüdert sich, Zu treuen Wünschen, fodert dich Zu tausend Wertstreit noch heraus Mit tausend Nachtigallen; keiner Von allen, liebender, als ich!
Du weisst, mein kleines Dichterhaus Das immer, fern von großen Sachen, Zufriedenheit und Scherz bewachen, Möcht ich so gern zum Tempel mohen,
Worinn die Wahrheit wird gepreist; und hat mein Enkel irgend Geist Ein Bild der Wahrheit aufzufassen, Noch meinen Enkel danken lassen Mocht ich dem lieben Heftigen,
Der herzlich schnell, nicht aus Grimassen, Mein Vater ward, den Grazien Mich opfern hieß und der Natur, Und zeitig schon den großen Schwur Mich ließ beschwören: stehn zu lassen Von hundert Versen zwanzig nur!
Von hundert Versen zwanzig? Ha! Damit ich meinen Schwur nicht breche, hier: Soli Deo Gloria! *) Klein, aber reissend sind die Bäche, Woraus, von Fürsten ungedingt, Die kleine Briefesmuse trinkt! Sie treten oft ein wenig über; Und gehts vom Herzen, o mein Lieber, So springt das Wort Gedanken vor! So eben raunt mir was ins Ohr: Ich håtte schon den Schwur gebrochen! Drum, lieber Vater, gute Nacht! Laß unter uns es seyn gesprochen, Was andern große Nasen macht!
*) Oder was eben so viel sagt: „Hier Ende!“ denn mit Soli Deo Gloria, pflegten, in den åltern Zeiten, einige Schriftsteller ihre Werke zu beschließen.
Auch diesem Dichter, Johann Georg Jakobi, geb. 1740, jezt Professor der sch. W. zu Freiburg in Breisgau, verdankt es unsre Poesie, daß sie der an schönen Stücken dieser Gattung vorzüglich reichen französischen nicht mehr so weit, wie ehedem, nachstehen darf. Seinen Episteln ist eben so sehr, wie seinen lyrischen Gedichten, überaus viel Feinheit, Gefälligkeit und Wohlklang eigen, selbst dann, wenn sie durch den Inhalt minder anziehend, und bloße Spiele heitrer Laune find.
Nachläßig, im vertrauten Ton, Ein kleines Liedchen Dir zu singen, Befahl mir Gleim Anakreon; Dir, den, mit abgelegten Schwingen, Das Chor der Liebesgötter hört, 1nd flatterhaft zu seyn verschwört, Wenn Deine Leier Tugend lehrt; Den åchte Weise gern umringen, Wenn du bei vollen Bechern wachst, Und eine Nymphe zärtlich machst, Und mit dem freien Satyr lachst. Umsonst! es sieht auf meine Lieder Hier keine Muse günstig nieder, Hier, wo, mit abgemeßnem Gang, Ein finsterer gelehrter Zwang In trauernde Gemächer schleichet, Und jede Grazie verscheuchet; Wo keine Schöne zårtlich ist, Kein aufgeblühter Busen winket, Wo man bei kaltem Scherze trinket, Und ohne Liebe froftig küsst. Selbst Orpheus håtte nie gesungen, Hått' er nur tooten Feis gezwungen
Empfindungsvoll ihm nachzugehn, Hått er nur Flüsse stille stehn, Und Wälder nur im Tanz gesehn; Das Mädchen, das die Liebe fühlte, Blieb in den Büschen nicht versteckt; Und, wo er seine Leier spielte, Ward manche Schläferin geweckt.
Was mir ein Amor jüngst entdeckt,
O! dürft' ich Dir nur das erzählen! Doch sanfte, süße Töne fehlen; Und Deine Muse nur singt nach, Was Amor oder Chloe sprach.
Noch sang oraz, in Tiburs Gründen, Zum Chierwein, auf jungem Moos, und ließ ein Mädchen Kränze winden; Da fiel im Tartarus sein Boos. *) Ihn schüßten nicht die Pierinnen, Nicht Amor, der sein Leben bat; Allein es streuten Charitinnen Ihm Rosen auf den finstern Pfad. Geführt von kleinen Amoretten Wird er an sanften Blumenketten; Und Charon blickt ihn lächelnd an. Nun steht er an dem schwarzen Kahn, Ganz ohne Reue, ganz gelassen, Und heiter, wie Elysium.
Der Weise sieht um sich herum Die Götter, vor Betrübniß stumm, Sein fliehendes Gewand umfassen, Und tröstet die getreue Schaar, Und reicht die Leier ihnen dar. Dort, sagte Flakkus, wo Teutonen In unbesiegten Wäldern wohnen,
Jakobi. Mit ihren Keulen in der Hand; Wo Liebesgötter, unbekannt, Von eurer Cypria verbannt,
Auf unwirthbaren, rauhen Höhen, Gehüllt in Tigerhäute, gehen; Wo sie kein Mädchen schalkhaft grüsst, Wo, selbst im Munde junger Schönen, Der zårtlichste von ihren Tönen So rauh noch wie die Gegend ist; Da seht ihr einst in Myrtenhainen Die sanftgewordne chåferin, Gelehrt von einer Huldgöttin, An einem Venusbilde weinen. Da trågt die kriegerische Schaar Von Jünglingen, der Schönheit Bandé, Und kniet im seidenem Gewande. Da höret das bekränzte Jahr, Im Frühling, neue Melodien, Und das, was eine Wüste war, Lässt für den Dichter Rosen blühen.
Er kommt. ! göttlicher Gesang, Ich höre schon der Saiten Klang! Zum Priester weihen ihn die Musen; Es macht der Gott von Amathunt Ihm alle seine Thaten kund; Euch singt er am geliebten Busen. Wie um ihn her Månaden stehn! Berauscht sieht er den Gott Silen. Nun tobt in ihm ein kühnes Feuer; Nun preiset er die Tugend schön, Bezähmt des Wahnes Ungeheuer, Und hört im Schooß der Unschuld nicht, Was niedrige Verlåumdung spricht. Ihr Götter! ihm gebt diese Leier.
Der alte Schiffer unterbrach
Den edeln Schatten. Amors Brüder Sahn ihm noch lang' am Ufer nach, Und dachten an die neuen Lieder.
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