Ein leiser Schauer faffe dich, O Phobe! was ich dir erzählte Ist kein Traum; oft begab er sich Der Fall, nur daß der Schußgeist fehlte. O! danke, danke Gott für den, Geliebte, welchen seine Güte,
Bei deinem Eintritt ins Gebiete Der Sterblichkeit, dir ausersehn, Für deine Mutter, die im Stillen, Doch Engeln sichtbar, ihm nur lebt Und ihrem Hans, und sich bestrebt- Zuerst die Lehren zu erfüllen, Die sie dir giebt. Die schöne Pflicht Der Arbeit, Kind, versäume nicht; Auch diese gab uns Gott zum Schuße Der Unschuld. Aber blos zum Schein Die Hånde regen, blos dem Puße Sie widmen, ist nicht Arbeit, nein, Bedacht und nüßlich muß sie seyn; Kein tråges Spielwerk eitler Jugend. Suchst du dir lautre Freuden hier ? Ach! Phobe, nichts gewährt sie dir, Als Gottes Schöpfung und die Tugend. Suchst du Gesellschaft? Dein Clavier, Ein gutes Buch und du und wir, Was brauchst du mehr die Zeit zu kürzen? Fleuch, wenn du liesest, den Roman: So gut als Fietchens Damon kann Ein Buch dich ins Verderben stürzen, Das bald uns eine Tugend leiht, Die noch kein Menschenkind erreichet, Das in der Unschuld Feiertleid Sich langsam in die Seele schleichet; Bald unsrer Weisheit alle Kraft Abwißelt, und die Leidenschaft Für Fürstin der Vernunft erklåret, Und bald die kranke Phantasei Des Schicksals blinder Tyrannet Durch Gift und Dolch entfliehen lehret. Glaub immer an die Sympathie Berwandter Seelen; chne sie
Fånd ich nicht Glück genug auf Erden. Allein, o möchtest du doch nie Durch dies Gefühl getäuschet werden! Nicht auf den Lippen, in der Brust Wohnt es, ift ewig wie die Jugend Des Seraphs, rein wie seine Lust. Ja, meine Phdbe, ja die Tugend Hat ihren Magnetismus auch, Der, wie des Zephyrs warmer Hauch Zwo Blumen sanft zusammen wehet, Zwei Herzen, die der Gottheit Ruf Zu Bild und Gegenbild erschuf, Sich schwesterlich entgegen drehet. Doch, Phobe, diese Wunderkraft Ist nicht Instinkt, nicht Leidenschaft, Aus der nur Schaam und Ekel stammet. Den Geist erwärmt sie, nicht das Blut, Und läutert, wie die stille Glut Das Golderz, die, so sie entflammet, Durch des Genusses Ebb und Fluth; Würzt ihre Freuden, ́ståhlt den Muth, Wenn sie die Laft des Daseyns quålet; Und gab auch mir das höchste Gut Der Erde, das Monarchen fehlet: Ein Chor von Freunden, am Altar Der Ewigkeit mit mir vermåhlet, Die mir zum Schuß, gleich jener Schaar, Die Jakob einst im Traum gesehen, Auf Gottes Leiter vor mir stehen, Und oben Er, im mildern Glanz Der Vaterwürde. Theure Phobe! Ich weiß, du kennest noch nicht ganz Das frohne, mystische Gewebe Der Fesseln wahrer Sympathie! Allein auch dir ist einst durch sie
Der Menschheit höchstes Glück beschieden. Mur hûte dich vor Schwärmerei, und suche kein Geschöpf hienieden, Das frei von allen Mångeln sey.
Und wenn dein Herz den Jüngling findet, Zu dem es jenen Hang empfindet,
Dem noch kein edles Herz entflohn; So folge nicht dem ersten Triebe; Belausch ihn hat er einen Thron, Und spottet der Religion, Kind, so verachte seine Liebe, Und wähle seinen frommen Knecht. Zeuch froh mit ihm in seine Zelle, Und leb im Dunkeln an der Quelle Der Seligkeiten schlecht und recht. und ruft euch einst der Vorsicht Willen Ins Vaterland der Tugend ab, So leg ein Enkel eure Hüllen In mein und meiner Doris Grab.
Leipzig, gedruckt bei Christian Friedrich Solbrig.
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