Heroiden.
301 Den auch Seraphim preisen, und fehn die horchende, wieland.
Jugend In der schlagenden Brust die erhabenen Lieder empfins
den. und so verlåsst und der Himmel, auch wenn wir die
Menschen besuchen, Niemals; er strahlet in uns; sein Bild in den Geistern
wird dauern Wenn ihn die alte Nacht mit seinen Sonnen verschlinget. Aber fo heiter und ewig die Bilder der Schönheit und
Freude Sich im Gedächtniß erhalten, so hat doch der Schmerz
und das Uebel Reine Stelle darin. Sobald wir die Himmelsluft trins
ten, Loscht sie auf einmal die traurigen Bilder des menschlis
chen Elends Aus dem hellen Gemüth; wir athmen ein süsses Bers
geffen Alles Schmerzens in uns; und sind zur Freude nur fühs
lend.
Jungling, du wallest zwar noch im Lande der
sterblichen Dinge, Unter Schatten von Luft und Schatten von Elend. Doch
beide Strahlet die Weisheit hinweg, die sich so zärtlich air
anbot. Diese zwinget die Luft, des falschen Låchelns beraubet, In die eigne Gestalt, und lehit das Elend fich freuen. Von ihr lernest du leben. Wer ihrer Vorschrift getreu ist, Wird in der Erde, wie wir, die Schwester des Sims
mels erkennen!
Die erste Veranlassung zu der folgenden Heroide, die ich auch unter den Auserlesenen Gedichten meines fel. Freuns des, S. 12 ff. habe abdrucken lassen, gab eine von dem vers forbeneu Haniburgischen Rektor Joh. Sam. Túller um das Jahr 1760 angestellte Redeübung, welche die vornehms ften Scenen aus Hiero’s Geschichte zum Inhalt hatte. Der fel. Schiebeler arbeitete dazu eine Scene, zu eigner Vora stellung, aus, worin ein Christ, von dem man, bei der über seine Religiousgenossen verhångten Verfolgung, die Abschids rung seines Glaubens foderte, wozu der Sohn faft schon ents schlossen war, da hingegen der Vater lieber den Märtyrers tod wählte, und eh er denselben litt, seinen Sohn dringend und wirksam zu gleicher Standhaftigkeit ermunterte. Dies fer Dialog wurde in der Folge von den Verf. in die gegens wårtige Form einer Heroide umgearbeitet, worin er fich Sohn und Vater in zwei verschiedne Kerker eingeschlossen Denkt; und fie, während seines Aufenthalts in Osttingen, bes sonders gedruckt. Ich versuchte eine Antwort des Sohns, die ich zu Leipzig, wo ich damals ftudirte, im 7. 1765. gleichfalls einzeln abdrucken ließ, und hier beizufügen wage.
Clemens an seinen Sohn Theodorus.
Gesegnet sei sie mir die nahe Morgensonne, Sie führt den Tag herauf, der mich mit ew'ger Wonne, Mit ew'ger Ehre trønt. Die groß ist jener Lohn, Der mir entgegen strahlt! Der Kampf wie kurz! mein
Sohn, Ach warum störst du noch den Frieden meiner Seele? Es schallt dein Klaggeschrei zu meines Kerkers Hole, Und ruft ihn, da mein Geist von seinem nahen Glück Den süßen Vorschmac trinkt, in diese Welt zurück. 2ch! Tollte deine Treu der Sdmerz zu tief ersättern! Entfeßlicher Sedank! er uur, er lehrt mich zittern. Udy! daß dich nicht mein Mund, mit Trost beleben
tann! Die Hüter dieses Orts, id) fleh sie weinend an,
Das
Daß sie zum Aufenthalt, der did verschleusst, midy fühs Schiebeler.
ren: Durch teine Thrånen låst ihr harteß Herz fich rühren. Nur einen, dessen Brust gelindre Triebe hegt, (Heil ihm! er ster6' ein Christ !) hat meine Quaal bes
wegt, Verzagter! dieses Blatt vor deinen Blick zu bringen! O möchte für dein Heil mir Múh' und Wunsch gelins
Als dich, ein weinend Kind, des Segensboten
Hand Bon Sünden rein gemacht, mit deinem Gott verband, Hub dich mein Arm empor. Ich spracy mit tausend
Zåhren, „Laß ihn, Lugütiger! laß ihn dich treu verehren, „Den Sohn, den du mir gabft! Herr! meine ganze
Bruft ,,Erfüllet dein Geschenk mit nie empfundner Luft, Doch sollt er je die Würd', ein Christ zu seyn, verkens
nen, , und nicht für deinen Ruhm, sein Blut zu opfern
brennen, „O ro entrein' ihn jekt, Herr, ießt entreiss' ihn mir,
Und preisen will ich dich, und danken wil ich dir." Du blühtest auf, es war des garten Geistes råfte Zu bilden, meine Lust, mein füffeftes Geschäfte. Ich lehrte dich dein Heil, und sah vergnügungsvoll Der Wahrheit Frucht an dir, die täglich dir erschod. Wie oftmals hårt ich dich der Båter Muth in Leiden, Im tausendfachen Tod, bewundern und beneiden! Und nun erzitterst du, da dir ein Engel schon Den Palm entgegen bålt, der Ueberivinder Lohn? Glühst du nur fern vom Streit, von edlen Heldentries
ben? Und ist dies Leben werth, daß wir so sehr es lieben? Bon deinen Feinden levn, Kleinmåthger deine Pflicht. Was litt nicht Regulus! Wie froh farb Cato nicht, Dem Baterland zum Wohl, fich Nachruhns zu erwers
Schiebeler. Dir wintt ein schönrer Ruhm, und du, du bebft.zu sters
ben? Für den, der dir zum Heil der Himmel Thron verließ, Der Erde Bürger ward, die er entstehen hieß; Verspottet und verfolgt vom Frevler, der ihn hasste, In Martern ohne Zahl für dich am Kreuz erblasste. Ich weiß es nur zu wohl, was deinem schwachen Geist Den god so furchtbar macht, zum Staub ihn nieder
reisst; grene sah mit dir die långst gewünschte Stunde, Die frohe Stunde nahn, bestimmt zu eurem Bunde, Da stürzte der Tyrann, der unsrer Quaalen lacht, Dich, deine Braut, und mich, in tiefer Kerter Nacht. Die fuffen Hoffnungen, die eure Brust erfreuten, Bededt Ein Augenblick mit grausen Duntelheiten, Und statt des heilgen Bands, das euch nun bald um?
gab, So will es unser Gott, vereinigt euch das Grab. Berehre sein Geheiß, und dant ihm mit Entzücken, Daß er dein Blut begehrt, da deinen frohen Blicken Am liebenswürdigsten des Lebens Aussicht schien. Der Opfer grd Bestes, ist es zu groß für ihn? Auch ich empfand den Schmerz, der eure Brust bes
wegte, Als man eud mir entrif, und uns in Feffeln legte; Dod start ourd) jene Kraft, die Sdwache stets erhöht, Wenn ihr aufrichtiger Wunsch darum zum Kimmel
fleht, Bezwang ich diesen Schmerz, erstickt' ich alle Klagen, um das gehoffte Glück, den Rest von meinen Tagen Bei euch entfliehn zu sehn, und mich durch euch vers
jångt In Pfändern eurer Gluth. von ihnen einst umringt, Die fast erstarrte Hand für euch zu Gott zu heben Und dann in eurem Arm den Geist sanft aufzugeben. Sohn, rechzig Lenze find, seitdem ich bin, verblüht, Wo sind die Freuden hin, wovon ich einst geglüht? Die Zeit, mit der gelebt, die sich mein Herz ertoren, Die jekt der Himmel hat, mit der, die dich gebos
ren?
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Früh eilte file von mir hinauf zu Gottes Ruh: Wie manchem theuren Freund drůdt ich die Augen
zu ? Schnell, wie ein Kauch, verfliegt das grösste Glück
hienieden. Wir wünschen uns ein Gut, empfangens, und ermás
den Yn dem Befig von ihm. Der Durst, der uns erfüllt, Der heisse Durst nach Ruh, wird nur in Gott gestidt. Errdth! Jrene, sie vom zårtlichern Seschlechte, Dem Schwachheit eigen ist, gieng in des Grabes Náchs
te Mit heiterm Blick hinab. Ich lag im Schlaf vers
hůdt; Mir schuf ein heilger Traum des offnen 'Hinmels
Sild, Ich hörte Harmonie von Engellauten flingen, Kdre unsrer Båter Schaar mir froh entgegen fins
gen, Als einer Stimme Ruf zu meinen Ohren drang, Die meinen füffen Eraum mich zu verlassen zwang. Srenens timme wars. Ein Sdwarm der frevler
führte Die Heldin hin zum Kampf, indem sie triumphirte, „ froh eil ich in den Tob, mein Glaube hat gea
siegt; „O Klemens! ftürbe doch dein Sohn auch so vers
gnügt." Dieß sprach fie. O wie wird sie dann, mein Sohn, dich
lieben, Dich regnen, daß du Gott im Sterben treu geblies
ben, Wenn dein enthälter Geist mit jauchzendem Ges
sang Der Erde fich entschwingt, und sie dir zum Ems
pfang, Die Rron auf ihrem Haupt, im weiffen Siegestleibe Entgegen eilt, erfüllt mit namenloser Freude! Erwage deine Pflicht, Sohn, ich beschwdre dich Bei deiner Liebe für grenen und für mich.
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